Allgemein Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Einsetzung von Rechtsanwaltskosten in Wirtschaftspläne a) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann jedenfalls dann die Aufbringung von Vorschüssen beschließen, um den Verwalter in die Lage zu versetzen, einen Rechtsanwalt mit der Rechtsverteidigung der übrigen Wohnungseigentümer gegen Beschlussanfechtungsklagen zu beauftragen, wenn solche Klagen allgemein zu erwarten sind. b) In diesem Fall können Mittel im Gesamtwirtschaftsplan und in den Einzelwirtschaftsplänen aller Wohnungseigentümer angesetzt werden. Sind Beschlussanfechtungsklagen nicht abzusehen, können die Wohnungseigentümer den Verwalter durch Mehrheitsbeschluss ermächtigen, dafür Gemeinschaftsmittel einzusetzen.

BGH, Urteil vom 17.10.2014 – V ZR 26/14.

Sachverhalt

In der Wohnungseigentümerversammlung werden mehrheitlich der Gesamtwirtschaftsplan
und die Einzelwirtschaftspläne beschlossen. Mit Blick auf laufende
Beschlussanfechtungsklagen ist eine Ausgabenposition von € 7.000 für „RAKosten/
Rechtsstreit“ vorgesehen und in den Wirtschaftsplänen aller Wohnungseigentümer
nach Miteigentumsanteil aufgeteilt. Gegen den Beschluss wird Anfechtungsklage erhoben. Das
Landgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen.

Entscheidung

Der BGH bestätigt die Entscheidung des Landgerichts. Die Wohnungseigentümer sind
jedenfalls dann befugt, im Wirtschaftsplan Mittel für die Rechtsverteidigung der übrigen
Wohnungseigentümer gegen Beschluss Anfechtungsklagen anzusetzen, wenn solche Klagen
allgemein zu erwarten sind. Dabei weist das Gericht daraufhin, dass dies sich nicht von selbst
versteht, denn Kosten für die Rechtsverteidigung sind keine Kosten der Verwaltung des
Gemeinschaftseigentums. Dennoch können diese Kosten durch Ansatz im Wirtschaftsplan,
Sonderumlage oder einer besonderen Rücklage aufgebracht werden. Die Kompetenz der
Gemeinschaft für den Beschluss ergibt sich nach dem BGH aus § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG. Der
Verwalter ist sowohl ein Organ der Gemeinschaft als Verband, wie aber auch Vertreter der
einzelnen Wohnungseigentümer. Ihm wird bei Beschlussanfechtungsklagen die Klagschrift
zugestellt. Zwar ist die Rechtsverteidigung der zu verklagenden Wohnungseigentümer deren
eigene Angelegenheit. Die Wohnungseigentümer können aber die Bereitstellung von Mitteln
für die Bezahlung eines Rechtsanwalts der Beklagten zu einer Gemeinschaftsangelegenheit
machen. Die Bereitstellung von Mitteln soll den Verwalter als Vertreter der
Wohnungseigentümer in die Lage versetzen, einen Rechtsanwalt mit der Verteidigung der
übrigen Wohnungseigentümer gegen eine Beschlussanfechtungsklage zu beauftragen. Der
Rechtsanwalt ist nach § 9 RVG berechtigt, einen Vorschuss auf seine Gebühren und Auslagen
zu vereinbaren. Ist noch kein Beschlussanfechtungsverfahren anhängig, kann jeder
Wohnungseigentümer Beklagter der Klage und damit vorschusspflichtig werden. Eine klare
Regelung darüber wie die Vorschusspflicht gegenüber dem Rechtsanwalt erfüllt wird, dient
deshalb dem Interesse aller Wohnungseigentümer. Darüber hinaus ergibt sich der
erforderliche Gemeinschaftsbezug daraus, dass es um einen Beschluss der
Wohnungseigentümer geht, der für unwirksam erklärt werden soll. Die Verwaltung des
gemeinschaftlichen Eigentums erfolgt durch Vereinbarungen, insbesondere aber im
Beschlusswege. Diese Beschlüsse müssen im Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung
entsprechen. Diese Beschlüsse sollen dann auch bestandskräftig und nicht in
Anfechtungsprozessen für unwirksam erklärt werden. Eine effektive Verteidigung der
gefassten ordnungsgemäßen Beschlüsse ist aber nur gewährleistet, wenn dem Verwalter die
notwendigen Geldmittel zur Verfügung stehen. Die gemeinschaftliche Erfüllung der
Vorschusspflicht gegenüber dem Verwalter ist deshalb auch dem Gemeinschaftsinteresse
förderlich. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beschluss-Anfechtungskläger bei
Inanspruchnahme der bereitgestellten Mittel jedenfalls vorübergehend an der Finanzierung
seiner Prozessgegner beteiligt wird. Die Vorschüsse dürfen in den Einzelabrechnungen der
folgenden Jahresabrechnung dann nämlich nur denjenigen Wohnungseigentümern angelastet
werden, die tatsächlich vorschusspflichtig sind. Die Kläger werden deshalb wirtschaftlich nur
bis zum Ende des Wirtschaftsjahres an der Finanzierung des Rechtsanwaltes der Beklagten
beteiligt.

Diese Kostenpositionen dürfen aber dennoch nur beschlossen werden, wenn sie
voraussichtlich entstehen. Die Ausgaben müssen mithin zu erwarten sein. Ist dies nicht der
Fall, müssen die Wohnungseigentümer sich auf die Ermächtigung an den Verwalter
beschränken, erforderlich werdende Vorschüsse aus dem nicht für spezielle Zwecke
bestimmten Gemeinschaftsmitteln zu entnehmen.

Fazit

Eine rechtlich aufschlussreiche Entscheidung des BGH, die möglicherweise aber die Reihe der
Beschlussanfechtungsklagen noch erhöht. Ob Beschlussanfechtungsklagen „allgemein zu
erwarten sind“ kann wohl nur in zerstrittenen Gemeinschaften leichter prognostiziert werden.
In diesen Gemeinschaften mag ein solcher Beschluss, der wahrscheinlich auch selbst mit
angefochten wird, Sinn machen. Im Übrigen dürfte es für den Verwalter oft schwer
vorhersehbar sein, ob einzelne Beschlüsse zu Rechtsstreitigkeiten führen. Um den
Vorschusskostenbeschluss auch anfechtungssicher zu machen, müsste der Verwalter im
Übrigen auch den zu erwartenden Streitwert relativ zutreffend einschätzen, damit die
beschlossene Kostensumme auch dem zu erwartenden Kostenrahmen entspricht.

Fehlen Anhaltspunkte dafür, dass es zu Beschlussanfechtungsklagen kommt, weist der BGH
daraufhin, dass die Wohnungseigentümer sich dann auf die Ermächtigung an den Verwalter
beschränken müssen, erforderlich werdende Vorschüsse aus den nicht für spezielle Zwecke
bestimmten Gemeinschaftsmitteln zu entnehmen. Ob der eine oder andere Fall vorliegt, soll
dann im Prognosespielraum der Wohnungseigentümer liegen.

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