Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Eine erneute Beschlussfassung über bereits entstandene, noch nicht erfüllte Wohngeldzahlung führt zur Nichtigkeit.

Die Wohnungseigentümer sind nicht berechtigt, bereits entstandene, aber noch nicht erfüllte Zahlungsverpflichtungen eines Wohnungseigentümers mit Stimmenmehrheit erneut zu beschließen und so neu zu begründen. Ein dennoch gefasster Beschluss ist wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig.

BGH, Urteil vom 09.03.2012; V ZR 147/11

Sachverhalt

Zwei Wohnungseigentümer, die seit dem 24.05.2012 als Eigentümer eingetragen sind, verschulden für 2006 Rückstände. Im Mai 2008 beschließt die Wohnungseigentümerversammlung die Jahresabrechnung 2007. In den Einzelabrechnungen der beiden Wohnungseigentümer finden sich unter der Position „Abrechnung 2006“ Rückstände aus dem Jahr 2006 in Höhe von 214,42 € für die Wohnung und 500,00 € für den Stellplatz. Das Berufungsgericht gibt der Klage der Wohnungseigentümer auf Zahlung der beschlossenen Rückstände statt.

Entscheidung

Nach Auffassung des BGH ist der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresrechnung 2007 nichtig. Beitragsrückstände eines Wohnungseigentümers sind kein zulässiger Bestandteil einer Jahresabrechnung im Sinne von § 28 Abs.3 WEG. Die Jahresabrechnung ist beschränkt auf die Kosten des abgelaufenen Wirtschaftsjahres unter Berücksichtigung der von den Eigentümern geleisteten Vorschüsse. Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, lässt der Beschluss über die Jahresabrechnung unberührt, unabhängig davon, ob sie durch Jahresabrechnung oder durch Wirtschaftsplan begründet wurden. Die Einbeziehung von Jahresrückständen ist auch nicht nur ein bloßer Abrechnungsfehler, der eine Anfechtbarkeit des Beschlusses, nicht aber eine Nichtigkeit zur Folge habe. Ein Abrechnungsfehler liege vor, wenn die Kosten des abgelaufenen Jahres unzutreffend erfasst oder in unrichtiger Weise auf die Wohnungseigentümer verteilt worden seien. Er beschränkt sich dabei auf die Einnahmen und Ausgaben des abzurechnenden Jahres. Für die Aufnahme von abrechnungsfremden Positionen fehlt den Wohnungseigentümern hingegen die Kompetenz. Deren Aufnahme in die Jahresabrechnung führt demgemäß zur Nichtigkeit.

Vorliegend fehle den Wohnungseigentümern sowohl die Kompetenz dafür, in die Jahresabrechnung 2007 rückständige Positionen aus dem Jahr 2006 aufzunehmen, die noch von den Voreigentümern herrühren könnten; es fehle ihnen aber auch weiterhin die Kompetenz dafür, Positionen aus dem Jahre 2006 aufzunehmen, die nach Eigentumserwerb der beklagten Eigentümer entstanden sind. Eine erneute Beschlussfassung über frühere Verbindlichkeiten bedeutet nach BGH die Neubegründung einer bestehenden Schuld durch Mehrheitsbeschluss. Das sei unzulässig, da ansonsten durch Aufnahme aller rückständigen Beiträge in die jeweils aktuellen Jahresabrechnungen die Vorschriften über die Verjährung durch Mehrheitsbeschluss außer Kraft gesetzt würden.

Fazit

Die Aufnahme von Rückständen aus früheren Jahren in die Jahresabrechnung verbietet sich mit dieser Entscheidung. Es sollte, um Verwirrung und Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite des Beschlusses zu vermeiden, davon abgesehen werden, frühere beschlossene Verbindlichkeiten „nachrichtlich“ oder „neben“ der Abrechnung mit aufzunehmen. Rückstände aus früheren Beschlüssen, die nicht ausgeglichen werden, müssen vielmehr auf der Grundlage der entsprechenden Beschlüsse über die Jahresabrechnung ggf. gerichtlich geltend gemacht werden. Eine Wiederaufnahme und Neubegründung in spätere Jahresabrechnungen führt zur Nichtigkeit des gesamten Beschlusses.

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