Ein Vermieter ist regelmäßig nicht zum Winterdienst auf dem öffentlichen Gehweg verpflichtet. Zu den Anforderungen an die allgemeine Verkehrssicherungspflicht bei Schneeräumarbeiten.
BGH, Urteil vom 21.02.2018; VIII ZR 255/16
Sachverhalt
Im Januar 2010 stürzte der Ehemann der Mieterin in München auf einem nicht geräumten öffentlichen Gehweg im Bereich des Grundstückseinganges wegen Schneeglätte. Die Räum- und Streupflicht für diesen öffentlichen Gehweg war der Stadt München zugeteilt. Die Stadt hatte den Gehweg zwar mehrfach geräumt und gestreut, aber nicht auf der ganzen Breite und auch nicht bis zur Schwelle des unmittelbar an den öffentlichen Gehweg angrenzenden Hauses. Dort war ein schmaler, nicht geräumter Streifen des öffentlichen Gehweges übriggeblieben. Die Vermieterin hatte dort keine Schneeräumarbeiten vorgenommen, weil sie der Meinung war, dazu nicht verpflichtet zu sein. Mit der Klage werden u.a. Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus dem Unfall geltend gemacht.
Entscheidung
Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen. Die Revision blieb ohne Erfolg. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die dem Vermieter obliegende Verkehrssicherungspflicht sich auf den Bereich seines Grundstückes beschränke. Dies gelte auch für die allgemeine deliktische Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers, sofern die Räum- und Streupflicht für den öffentlichen Gehweg von der Gemeinde nicht auf die Eigentümer (Anlieger) übertragen wurde. Die Beklagte – Eigentümerin des Grundstückes – habe bezüglich des öffentlichen Gehweges weder eine vertragliche Schutzpflicht übernommen noch eine deliktische Verkehrssicherungspflicht auslösende Gefahrenquelle geschaffen. Zu den allgemeinen Anforderungen wird ausgeführt, dass der Vermieter grundsätzlich im Rahmen der Gebrauchsgewährpflicht der Mietsache verpflichtet sei, dem Mieter auch den Zugang zur Mietsache zu gewähren und sich diese Erhaltungspflicht auch auf die nicht ausdrücklich mit vermieteten Hausteile wie Zugänge und Treppen erstrecken würde, die in einem verkehrssicheren Zustand zu halten sind. Dazu gehöre es, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum in den Wintermonaten zu räumen und zu streuen. Die Pflicht erstrecke sich auch auf Besucher und Lieferanten. Die Erwartung, bei winterlichen Witterungsverhältnissen ordnungsgemäß geräumt und gestreute Wege vorzufinden, enthebe den Fußgänger allerdings nicht von seiner Verpflichtung, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen. Es sei ausreichend, einen Streifen von 1,00 bis 1,20 m zu räumen, sofern nicht besondere Gefahrenstellen oder stark frequentierte Stellen wie Haltestellen und Bahnhöfe betroffen seien. Insbesondere sei es nicht erforderlich, den Gehweg bis zum Gehwegrand zu räumen. Es sei dem Fußgänger im Einzelfall durchaus zuzumuten, auch eine kurze Distanz auf einem nicht geräumten Teil des Gehweges zurückzulegen. Ginge er dabei nicht sorgfältig vor, würde sich nur ein allgemeines Lebensrisiko realisieren, welches keine Schadensersatzforderungen auslösen würde.
Fazit
Das Urteil eröffnet für den jeweiligen Einzelfall eine Argumentationsgrundlage, wenn es darum geht, welche Anforderungen an die Schneeräumpflicht – auch unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten – für den Eigentümer zu stellen sind.