Ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer im Einzelfall – bezogen auf eine konkrete Jahresabrechnung – von den Vorgaben der Heizkostenverordnung abweichen, ist lediglich anfechtbar, aber nicht nichtig.
BGH, Urteil vom 22.06.2018; V ZR 193/17
Sachverhalt
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft sieht die Teilungserklärung vor, dass die Kosten für Wärme und Warmwasser in Übereinstimmung mit der Heizkostenverordnung zu 30 Prozent nach Grundkosten und zu 70 Prozent nach Verbrauch abgerechnet werden. Im Entwurf der Jahresabrechnung für das Jahr 2015 wurden die Heiz- und Warmwasserkosten zunächst so aufgeteilt, wie in der Teilungserklärung vorgesehen. Nachdem es unter den Eigentümern zu Unstimmigkeiten über die Heizkostenabrechnung gekommen war, fassten sie in einer Eigentümerversammlung den Beschluss, die Heizkosten für das Jahr 2015 ausschließlich nach Wohnfläche zu verteilen.
Nach Ablauf der Anfechtungsfrist hat ein Wohnungseigentümer Klage erhoben mit dem Ziel, die Nichtigkeit dieses Beschlusses feststellen zu lassen.
Entscheidung
Die Klage hat keinen Erfolg. Der Beschluss widerspricht zwar den Vorgaben der Heizkostenverordnung und damit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Dies hat aber nur die Anfechtbarkeit, nicht aber die Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge. Da die Anfechtungsfrist bei Klageerhebung schon abgelaufen war, wurde der Beschluss bestandskräftig und war daher gültig.
Nach § 7 Abs. 1 S. 1 HeizKV sind die Heizkosten zu mindestens 50 und höchstens 70 Prozent nach dem erfassten Verbrauch zu verteilen. Die übrigen Kosten sind nach Wohn- oder Nutzfläche oder dem umbauten Raum zu verteilen. In diesem Rahmen hält sich auch die Regelung in der Teilungserklärung. Eine Abweichung hiervon ist nur unter besonderen Voraussetzungen möglich, die in § 9a Abs. 1, Abs. 2 HeizKV geregelt sind, etwa wenn der anteilige Verbrauch wegen Geräteausfalls oder aus sonstigen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst werden kann. Dann kann der Verbrauch je nach Einzelfall anhand von Vergleichszeiträumen, dem Verbrauch vergleichbarer Räume oder des Durchschnittsverbrauchs des Gebäudes oder der Nutzergruppe ermittelt werden. In bestimmten Fällen kommt auch eine Verteilung nach Wohn- oder Nutzfläche oder umbautem Raum in Betracht.
Keiner dieser Ausnahmefälle liegt hier vor, so dass die Kosten nach § 7 Abs. 1 S. 1 HeizKV verbrauchsabhängig hätten verteilt werden müssen.
Im Einzelnen ist umstritten, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen ein Beschluss, der mit den Vorgaben der Heizkostenverordnung nicht im Einklang steht, nichtig oder lediglich anfechtbar ist. Während teilweise generell nur eine Anfechtbarkeit angenommen wird, differenzieren andere nach der Art des Verstoßes. Demnach soll Nichtigkeit dann gegeben sein, wenn die Kostenverteilung generell den Rahmen der Heizkostenverordnung verlässt.
Eine abschließende Entscheidung dieser Streitfrage trifft der BGH nicht, da jedenfalls ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer in einer einzelnen Jahresabrechnung von der Heizkostenverordnung abweichen, nur anfechtbar, aber nicht nichtig ist.
Fazit
Nach der Konzeption des Wohnungseigentumsgesetzes sind Beschlüsse der Wohnungseigentümer trotz Mängeln grundsätzlich gültig, solange sie nicht rechtswirksam angefochten sind. Die Nichtigkeit eines Beschlusses ist demgegenüber die Ausnahme und nur anzunehmen, wenn der Schutzzweck der verletzten Vorschrift dies erfordert. So liegt es nicht, wenn die Wohnungseigentümer in einer Jahresabrechnung, das heißt in einem Einzelfall, von den Vorgaben der Heizkostenverordnung abweichen. Ein solcher Verstoß wirkt sich nur auf einen beschränkten Zeitraum aus und ist daher nicht von einem solchen Gewicht, dass das Vertrauen der Wohnungseigentümer in die Bestandskraft nicht (rechtzeitig) angefochtener Beschlüsse dahinter zurücktreten müsste.