Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Eigenmächtige Instandsetzung durch den WEG-Verwalter

Einem Wohnungseigentumsverwalter, der ohne Beschlussfassung eigenständig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durch­führen lässt, kann gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Ersatzan­spruch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag zustehen.

BGH, Urteil vom 10.12.2021; V ZR 32/21

Sachverhalt

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft war ein Instandsetzungsbedarf gegeben und die Wohnungseigentümer berieten in einer Wohnungseigentümerversammlung über die Erneu­erung der Eingangstüren sowie der Briefkastenanlagen. Der Instandsetzungsaufwand umfasste rund 40.000,00 € und die Wohnungseigentümer beschlossen, ein vorliegendes Angebot eines ortsansässigen Fachbetriebes anzunehmen. Der WEG-Verwalter setzte den Beschluss indes nicht um und beauftragte ein anderweitiges Unternehmen, eine Neugründung in der Rechtsform einer kapitallosen Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt), das die Arbeiten zu einem Werklohn von rund 36.000,00 € ausführte. Die Rechnung glich der WEG-Verwalter aus dem Verwaltungsvermögen aus, anschließend fiel das beauftragte Unternehmen in die Insol­venz und das Insolvenzverfahren wurde mangels Masse nicht eröffnet. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verlangt von dem WEG-Verwalter den an den insolventen Werkunter­nehmer gezahlten Werklohn vollen Umfangs zur Erstattung an. Das als Berufungsgericht mit dem Verfahren befasste Landgericht Lüneburg spricht der Gemeinschaft der Wohnungseigen­tümer einen solchen Erstattungsanspruch zu, da der Verwalter nicht berechtigt gewesen sei, eigenmächtig anderweitige Aufträge zu vergeben, ohne dass eine entsprechende Beschluss­fassung vorliegt. Gegen diese Verurteilung wendet sich der WEG-Verwalter mit der Revision.

Entscheidung

Mit Erfolg! Der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichts­hofes bestätigt indes zunächst, dass der WEG-Verwalter vollen Umfangs für die nicht bestimmungsgemäße Verwendung der Gelder der Wohnungseigentümergemeinschaft einzu­stehen hat. Die Zahlung in Höhe von 36.000,00 € war ohne Auftrag der Wohnungseigentümer­gemeinschaft vorgenommen worden und stellt damit eine eigenmächtige Entnahme aus dem Verwaltungsvermögen dar. Der Anspruch auf Rückzahlung der eigenmächtig entnommenen Gelder folgt aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB. Zu prüfen sei allerdings, ob der WEG-Verwalter diesem Rückzahlungsanspruch einen Gegenanspruch entgegenhalten könne. So hat der WEG-Verwalter grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der ihm durch die Geschäftsführung entstan­denen Aufwendungen. Ein aus dem Verwaltervertrag folgender Aufwendungsersatzanspruch ist hier zwar nicht zu bejahen, da die weisungswidrige Beauftragung eines anderen Unternehmens nicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsbesorgung zählt.

In Betracht kommt jedoch ein Anspruch des WEG-Verwalters nach den Regeln der sogenannten Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus dem Gesichtspunkt des Bereicherungsrechtes. Der Bundesgerichtshof hatte in Bezug auf eigenmächtige Instandsetzungsmaßnahmen von Wohnungseigentümern an dem Gemeinschaftseigentum für Recht erkannt, dass dem Wohnungseigentümer keine Erstattungsansprüche zustehen, und zwar auch dann nicht, wenn die Maßnahme erforderlich war und fachgerecht ausgeführt wurde. Diese Grundsätze seien indes auf das Verhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Verwalter nicht zu über­tragen. Im Unterschied zu dem eigenmächtig tätig werdenden Wohnungseigentümer kann der Verwalter grundsätzlich eine sogenannte berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag geltend machen. Hat sich der Verwalter über einen Beschluss der Wohnungseigentümer hinweggesetzt steht ihm für erforderlich gewesene Arbeiten dann allerdings ein Aufwendungsersatzanspruch nur nach den Vorschriften der sogenannten ungerechtfertigten Bereicherung zu, § 684 BGB.

Der Ersatzanspruch des Verwalters ist damit grundsätzlich gegeben, beschränkt sich jedoch auf den Ausgleich der Werterhöhung, die durch die Instandsetzungsmaßnahme bewirkt wurde.

Wenn die Maßnahme grundsätzlich der Planung der Wohnungseigentümer entsprach, wider­spreche es dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn die Wohnungseigentümer in einem solchen Fall das Erlangte unentgeltlich behalten und nutzen könnten. So verhielt es sich hier, da die Wohnungseigentümer grundsätzlich die Erneuerung der Eingangstüren und der Brief­kastenanlagen wollten. Dem Umstand, dass die Wohnungseigentümer einen zuverlässigen Werkunternehmer wählten, der Verwalter jedoch auf einen wirtschaftlich nicht dauerhaft trag­fähigen Betrieb den Auftrag umlenkte, soll mit einem Abschlag des Erstattungsanspruches aus­geglichen werden, insoweit spricht der BGH einen Abzug von bis zu 20 % an. Da das Landgericht Lüneburg sich mit den Ansprüchen aus der Geschäftsführung ohne Auftrag und einem etwaigen Abzug des zu erstattenden Betrages aufgrund der durch die Insolvenz entfallenen Gewähr­leistungsansprüche des beauftragen Unternehmens nicht befasste, verweist der Bundes­gerichtshof die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück.

Fazit

Der Bundesgerichtshof nimmt eine wichtige Klarstellung vor, wie in dem Verwaltungsverhältnis mit eigenmächtigen Auftragsvergaben durch einen WEG-Verwalter zu verfahren ist. Die Ent­scheidung stellt klar, dass die Wohnungseigentümer nicht per se ohne Beschlussfassung an einen Werkunternehmer gezahlte Beträge von dem Verwalter erstattet verlangen können, andererseits kann der Verwalter dem Rückgewähranspruch aufgrund der eigenmächtigen, ver­tragswidrigen Vorgehensweise nicht mit dem Verweis auf die gezahlte Rechnung entgehen. Der Wert der erbrachten Leistungen muss nicht dem tatsächlich gezahlten Preis entsprechen, ins­besondere sofern eine unvollständige oder mangelhafte Arbeit des Handwerkers vorliegt. Sodann kann der Verwalter nur die objektive Bereicherung der Gemeinschaft durch die erbrachten Arbeiten dem grundsätzlich gegebenen Erstattungsanspruch entgegenhalten. Diese Differenzierungen entsprechen der Interessenlage der Wohnungseigentümer und dem Recht zur Selbstverwaltung.

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