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Die Selbstauskunft des Mieters:Darf der Vermieter alles fragen?

Wohnraummiete

Vor dem Abschluss eines Mietvertrages ist es in den letzten Jahren üblich geworden, dass die Vermieter eine Selbstauskunft vom künftigen Mieter verlangen. Darin werden vor allem die finanziellen und familiären Verhältnisse abgefragt. Hierdurch kann der Vermieter umfassende Informationen über seine künftigen Mieter erlangen und verschiedene Bewerber um eine Wohnung auch miteinander vergleichen. Vor allem ist es für den Vermieter von maßgeblicher Bedeutung, ob ein künftiger Mieter sich auch den vereinbarten Mietzins leisten kann und ob er sich in die bestehende Hausgemeinschaft eingliedern wird.

Zu beachten ist jedoch, dass die gestellten Fragen auch zulässig sein müssen. Dies ist aufgrund einer Interessenbewertung zu ermitteln: Dabei muss das Recht des Mieters auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz gebührend berücksichtigt werden. Auf der anderen Seite sind zu berücksichtigen die Interessen des Vermieters, der die zu vermietende Wohnung in die Obhut und Pflege des Mieters gibt und deshalb ein schutzwürdigendes Interesse hat, zu erfahren, mit wem er es zu tun hat. Nach diesem Grundsätzen hat der Vermieter in der Regel ein dahingehendes Fragerecht, als er ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage besitzt. Dabei ergibt sich die rechtliche Grenze zum einen nicht nur aus § 242 BGB, dem Grundsatz von Treu und Glauben, wonach der Vermieter grundsätzlich keine Informationen verlangen darf, die für den Mietvertrag überflüssig sind. Zum anderen wendet die Rechtsprechung in bestimmtem Umfang auch arbeitsrechtliche Grundsätze zu zulässigen bzw. unzulässigen Fragen im Bereich des Abschlusses eines Arbeitsvertrages an.

Fazit:
Eine zulässige Frage setzt vor allem ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung voraus. Ein solches Interesse ist bei einem Mietverhältnis in der Regel nur dann gegeben, wenn die Unrichtigkeit sich auf Umstände bezieht, die bei objektiver Würdigung für den Abschluss des Vertrages wesentlich sind, der Mietvertrag also bei richtiger Beantwortung nicht geschlossen worden wäre. Dementsprechend rechtfertigt die unrichtige Beantwortung einer in einem Fragebogen gestellten Frage auch nur dann eine Kündigung, wenn diese Frage zulässigerweise gestellt worden ist und wenn die Falschauskunft wesentliche Bedeutung für den Fortbestand des Mietverhältnisses besitzt. Fragen etwa nach der politischen Einstellung oder nach einer Schwangerschaft sind unzulässig.
Nachstehend ist unter Berücksichtigung der vorangestellten Grundsätze zu klären, welche Fragen im Rahmen einer Selbstauskunft zulässig sind.

  1. Identität des Mieters
    Fragen zur Identität des Mieters, also Fragen nach dem Namen, Vornamen, derzeitige Anschrift, Telefonnummer, sind zulässig.
  2. Familienstand
    Von der überwiegenden Rechtsprechung werden auch Fragen für zulässig erachtet, die sich auf den Familienstand beziehen, da ein Vermieter durchaus ein Interesse daran haben kann, nur an Eheleute zu vermieten (so u.a. LG Landau, ZMR 1985, Seite 127). Ob diese Auffassung nach heutigen rechtlichen Gesichtspunkten noch vertretbar ist, bleibt offen. Sowohl die Ehe, die Nichteheliche-Lebensgemeinschaft und die Lebenspartnerschaft genießen heutzutage weitgehende (gleiche) Rechte.
  3. Zahl der Familienangehörigen
    Die Frage nach der Anzahl und Alter der Personen, die zum Haushalt gehören und der Anzahl der Kinder ist zulässig. Dies gilt auch für die Frage nach der Anzahl und der Art der Haustiere. Dem Vermieter wird ein überwiegendes Interesse zugesprochen, zu erfahren, durch wie viele Personen das Mietobjekt bewohnt wird und wie stark es hierdurch abgenutzt werden könnte, ob es sich z.B. um eine Großfamilie oder einen Single-Haushalt handelt. Hingegen handelt es sich bei der Frage nach einer bestehenden oder geplanten Schwangerschaft um eine unzulässige Frage. Unzulässig ist auch die Frage, ob in Zukunft Kinder in die Wohnung ziehen werden.
  4. Arbeitsverhältnis
    Für zulässig wird auch die Frage nach dem Arbeitgeber des Mieters erachtet, da das Arbeitsverhältnis in den meisten Fällen die wesentliche Einkommensquelle des Mieters darstellt.
  5. Einkommensverhältnisse
    Auch unmittelbare Fragen nach den Einkommensverhältnissen, nach der Bonität oder nach dem Beruf werden nach der herrschenden Meinung als zulässig angesehen. Dabei müssen die Mietinteressenten richtigerweise nicht ihre eigenen gesamten finanziellen Verhältnisse und Verbindlichkeiten offenbaren. Die Angabe aber des reinen Nettoverdienstes gibt dem Vermieter schon konkrete Anhaltspunkte über die Solvenz des Mieters im Vergleich zur Mietzinshöhe. Überprüft wird insoweit, ob die Zahlungsfähigkeit hinsichtlich der Miete besteht.

    Anmerkung:
    Nach einer Entscheidung des AG Frankfurt (WM 1989, Seite 620) obliegt dem Mieter sogar eine eigene Aufklärungspflicht hinsichtlich seines Nettoverdienstes, wenn die Miete 75 % seines Nettoeinkommens beträgt. Das AG Frankfurt erachtet einen Mieter darüber hinaus auch dann für aufklärungspflichtig, wenn dieser die Miete nur mit Unterstützung des Sozialamtes aufbringen kann.
  6. Eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 ZPO
    Umstritten ist, ob die Frage nach einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO im Bereich der Wohnraumvermietung zulässig ist. Diese Frage dürfte wohl im Sinne der Vermieterinteressen zu bejahen sein: Bereits die Durchführung eines Verfahrens gemäß § 807 ZPO lässt ernsthafte Zweifel an der Solvenz des künftigen Mieters aufkommen. Insbesondere spricht die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs dafür, dass das Interesse des Vermieters am regelmäßigen Zahlungseingang auch nach den Wertungen des Gesetzgebers höherrangig ist als das Interesse des Mieters am Schutz des Bestandes des Mietverhältnisses.
  7. Einkommensverhältnisse von Angehörigen
    Unzulässig dürften Fragen nach den Einkommensverhältnissen von Angehörigen des künftigen Mieters sein, dies jedenfalls dann, soweit diese Personen nicht mit in den Mietvertrag einbezogen werden sollen.
  8. Religionszugehörigkeit
    Bei kirchlichen Wohnungsunternehmen werden auch Fragen nach der Religionszugehörigkeit jedenfalls dann für zulässig erachtet, wenn es zu den Aufgaben dieser Unternehmen gehört, die Kirchenmitglieder mit Wohnraum zu versorgen.
  9. Nationalität, Rasse, Hautfarbe
    Bedenklich sind Fragen nach der Nationalität; unzulässig sind Fragen nach Rasse und Hautfarbe.
  10. Vorvermieter/früheres Mietverhältnis
    Auch die Fragen nach dem früheren Mietverhältnis und der Anschrift des letzten Vermieters werden für unzulässig gehalten
  11. Mitgliedschaft in einem Mieterverein oder einer politischen Partei
    Fragen nach der Mitgliedschaft in einem Mieterverein oder einer politischen Partei werden für unzulässig erachtet.
  12. Vorstrafen und/oder anhängige Ermittlungsverfahren
    Entsprechendes gilt auch für Fragen nach Vorstrafen und/oder anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren; diese werden für unzulässig erachtet, um die Resozialisierung nicht unnötig zu erschweren.
  13. Lebensgewohnheiten (Hobbies, Musikvorlieben, Rauchen etc.)
    Als bedenklich werden Fragen nach Hobbies oder Musikvorlieben eingestuft. Das LG Saarbrücken hat hingegen die Frage, ob der Mietinteressent Raucher ist, für zulässig erachtet (LG Saarbrücken, NJW-RR 1992, Seite 1360).

Rechtsfolge:
Zulässige Fragen muss der Mieter wahrheitsgemäß beantworten. Bei unzulässigen Fragen wird dem Mieter ein „Recht zur Lüge“ zugestanden. Beantwortet demnach der Mieter eine unzulässige Frage falsch, bleibt dies ohne rechtliche Folgen.

Antwortet allerdings der Mieter auf eine zulässige Frage nicht wahrheitsgemäß, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB anfechten und/oder es ggf. auch nach § 543 Abs. 1 BGB fristlos kündigen.

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