Die Kündigungsbeschränkung nach § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB erfordert nicht, dass zusätzlich zu den im Tatbestand dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen – hier die nach der Überlassung an den Mieter erfolgte Veräußerung des vermieteten Wohnraums an eine Personengesellschaft (§ 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB) – an dem vermieteten Wohnraum Wohnungseigentum begründet worden ist oder der Erwerber zumindest die Absicht hat, eine solche Wohnungsumwandlung vorzunehmen. Diese Auslegung des § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB verstößt weder gegen die verfassungsrechtlich geschützten Rechte des Vermieters gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 14 GG noch gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
BGH, Urteil vom 21. März 2018 – VIII ZR 104/17
Sachverhalt
Der Mieter wohnt seit 1981 in der Wohnung. Das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, wurde 2015 an eine aus drei Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts verkauft. Mit Schreiben vom Mai 2015 kündigte die neue Vermieterin das Mietverhältnis und begründete dies mit dem Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter. Dieser habe sich von seiner Ehefrau getrennt und benötige als erfolgreicher Immobilienunternehmer repräsentative Wohnräume in entsprechender Wohnlage in der Nähe eines seiner Büros. Die in dem Kündigungsschreiben im Einzelnen beschriebenen leerstehenden Wohnungen in den zahlreichen Liegenschaften in Frankfurt am Main und Umgebung, an denen dieser als Gesellschafter beteiligt sei, kämen insoweit allesamt nicht als Ersatzwohnraum in Betracht. Der Mieter widersprach der Kündigung und verlangte die Fortsetzung des Mietverhältnisses. Er machte Härtegründe für sich und seine Familie geltend und zog den von der Gesellschaft geltend gemachten Eigenbedarf ihres Gesellschafters in Zweifel.
Streitig zwischen den Parteien ist insbesondere, ob die Kündigungssperrfrist des § 577a Abs. 1 BGB einzuhalten war. Danach kann sich ein Erwerber auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB (z.B. also Eigenbedarf) erst nach Ablauf von drei Jahren (bzw. 10 Jahren z.B. in Hamburg) seit der Veräußerung berufen, wenn an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden ist. Dies gilt auch, wenn vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist. Allerdings ist vorliegend nach dem Verkauf kein Wohnungseigentum begründet worden und die Gesellschaft als Vermieterin war der Meinung, dass die Vorschrift damit nicht anzuwenden sei.
Entscheidungsgründe
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Kündigungsbeschränkung nach § 577a Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 1a Satz 1 BGB nicht erfordere, dass über die im Tatbestand dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen – hier die Veräußerung des vermieteten Wohnraums an eine Personengesellschaft nach Überlassung an den Mieter – hinaus zumindest die Absicht des Erwerbers besteht, den vermieteten Wohnraum in Wohnungseigentum umzuwandeln. Vorliegend sei es der Vermieterin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwar an sich möglich, sich im Anschluss an ihren Eintritt in den Mietvertrag in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf einen Eigenbedarf ihres Gesellschafters zu berufen. Die ausgesprochene Kündigung sei aber wegen Nichtbeachtung der Sperrfrist nach § 577a Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BGB unwirksam. Denn trotz der Überschrift des § 577a BGB („Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung“) gelte der darin vorgesehene Schutz des Mieters nach dem Willen des Gesetzgebers beim Erwerb vermieteten Wohnraums durch Personengesellschaften unabhängig davon, ob Wohnungseigentum begründet wird oder werden soll. Mit der Einführung des § 577a Abs. 1a BGB sei zwar insbesondere beabsichtigt gewesen, die faktische Umgehung des in § 577a Abs. 1 BGB vorgesehenen Kündigungsschutzes bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach dem sogenannten „Münchener Modell“ zu unterbinden. Mit der eingefügten Neuregelung des § 577a Abs. 1a BGB wollte der Gesetzgeber jedoch nicht allein Umgehungen der Sperrfrist nach dem „Münchener Modell“ entgegenwirken, sondern ausdrücklich auch etwaigen neuen Umgehungstatbeständen vorbeugen. Deshalb habe er für ein Eingreifen der Sperrfrist jede Veräußerung eines mit Mietwohnraum bebauten Grundstücks an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder an mehrere Erwerber ausreichen lassen, da sich nach seiner Einschätzung bereits hierdurch das Verdrängungsrisiko für den Mieter erhöhe und dieser insoweit eines Schutzes bedürfe.
Fazit
Der Gesetzgeber hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Umgehungsmodelle (z.B. Münchener Modell) zu unterbinden, mit denen der Kündigungsschutz des Mieters ausgehebelt werden sollte. Der BGH stützt diese Intention nun und wendet die Vorschrift auch dann an, wenn keine Wohnungsumwandlung in Eigentumswohnungen geplant oder durchgeführt wird.