Der Zugriff auf die Mietkaution im laufenden Mietverhältnis im Gewerberaummietrecht ist zulässig
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 21.05.2021; 2-7 O 154/20
Sachverhalt
Der Vermieter macht im Rahmen einer Urkundenklage Mietforderungen gegen seinen Gewerberaummieter geltend. Der Mieter hatte eine Mietsicherheit in Form einer Bürgschaft auf erstes Anfordern geleistet. Der Mieter berief sich hinsichtlich seiner reduzierten Mietzahlungen auf eine pandemiebedingte Minderung und den Wegfall der Geschäftsgrundlage infolge der behördlich angeordneten Schließungen. Nachdem der Vermieter die Bankbürgschaft in Anspruch nimmt, erklärt er die Klage in Höhe des Kautionsbetrages für erledigt. Der Mieter schließt sich der Erklärung an, und beantragt im Hinblick auf die noch anstehende Restforderung Klageabweisung.
Entscheidung
Das Landgericht gibt der verbleibenden Urkundenklage statt und entscheidet, dem Mieter im Hinblick auf den erledigten Teil die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen. Eine herabgesetzte Miete wird abgelehnt. Der Mieter könne Einwendungen wegen einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage im Urkundenprozess nicht geltend machen, weil der dafür erforderliche Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln geführt werden könne. Der Vermieter sei auch berechtigt gewesen, die Verrechnung mit der Mietkaution vorzunehmen, und zwar auch während des laufenden Mietverhältnisses, weil dem kein vermeintliches Treuhandverhältnis entgegenstünde. § 551 BGB sei im Gewerberaummietrecht nicht anwendbar. Die Mietkaution habe keinen Treuhandcharakter.
Hinsichtlich eines möglichen Nachverfahrens wird allerdings unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 19.03.2021 materiell-rechtlich bereits darauf hingewiesen, dass die behördliche Schließung in der Folge der COVID-19-Pandemie weder einen Mangel noch das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage begründe.
Fazit
Die Entscheidung zeigt für den Vermieter einen schnellen Weg zur Durchsetzung bei Mietzahlungsansprüchen auf. Mit dem im Urkundenprozess ergehenden sogenannten Vorbehaltsurteil können sofort Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden. Für das Gewerberaummietrecht wird – anders als für das Wohnraummietrecht – klargestellt, dass auch im laufenden Vertragsverhältnis eine Verrechnung mit der Mietkaution möglich ist. Für das Wohnraummietrecht wird dies im laufenden Mietverhältnis abgelehnt. Für die Vertragsgestaltung stellt die Bürgschaft auf erstes Anfordern neben der Barkaution die wohl sicherste Mietsicherheit dar, wobei der Barkaution immer noch der Vorzug zu geben wäre. Die zitierte Entscheidung des OLG Frankfurt steht hinsichtlich der Mietkürzungsrechte des Mieters gegen die Entscheidungen des OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021; 5 U 1782/20, des OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2021; 7 U 109/20 und des OLG Schleswig, Urteil vom 16.06.2021; 12 U 148/20) jedenfalls bei Existenzgefährdung.