Newsletter Wohnraummietrecht

Der Mieter, der aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung des Vermieters das Mietverhältnis berechtigt kündigt, kann die zum Zwecke des Eigentumserwerbs eines Hausanwesens angefallenen Maklerkosten nicht als Kündigungsfolgeschaden ersetzt verlangen.

BGH, Urteil vom 09.12.2020; VIII ZR 371/18

Sachverhalt

Mit der Klage macht der Mieter Schadensersatzforderungen gegen seinen ehemaligen Ver­mieter geltend. Das Mietverhältnis hatte er wegen Pflichtverletzungen des Vermieters fristlos gekündigt. Unter Einschaltung eines Maklers erwirbt der Mieter sodann ein Einfamilienhaus in das er einzieht, nachdem er bis zur Fertigstellung dieses Hauses eine Übergangsunterkunft bezogen hatte. Mit der Klage werden die Maklerprovision für den Erwerb einer Immobilie, Ein­lagerungs- und Umzugskosten, die Kosten für die Übergangsunterkunft und die Kosten für den Umbau der in der Mietwohnung vorhandenen Einbauküche nebst Lieferungs- und Montagekosten geltend gemacht. Das Landgericht weist die Klage ab. Die Revision wird hin­sichtlich der Frage des Anspruchs auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens zugelassen.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat teilweise Erfolg. Der BGH bejaht dem Grunde nach einen Anspruch des Mieters auf Ersatz des durch die Kündigung verursachten Schadens (sogenannter Kündigungs­folgeschaden).  Die Maklerprovision wird hingegen nicht zugesprochen, weil diese nicht mehr dem Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht unterliegt. Die Schadensersatzpflicht ist durch den Schutzzweck der Norm begrenzt. Sie besteht nur dann, wenn das verletzte Rechtsgut auch nach dem Normzweck geschützt werden soll. Der Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen. Ein „äußer­licher“ oder „zufälliger“ Zusammenhang genügt nicht.

Die Provision des Maklers, die für die Suche nach einem Eigenheim entstanden ist, stammt nicht aus diesem Bereich der Gefahren. Die Pflichtverletzung des Vermieters führte zum Ver­lust des Gebrauchsrechts des Mieters an seiner Mietwohnung. Es können daher nur solche Schäden ersetzt verlangt werden, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Interesse am Gebrauch der Mietsache stehen. Mit dem Erwerb des Eigenheims hat der Mieter aber nicht lediglich seinen Besitzverlust an der Mietsache ausgeglichen, sondern eine neue Stellung als Eigentümer eingenommen.

Damit ändert sich die Rechts- und Pflichtenstellung des Mieters ganz erheblich. Er unterliegt nun keiner vertraglichen Bindung mehr. Ihm kommt grundsätzlich ein uneingeschränktes sowie eigenverantwortliches Nutzungs- und Verfügungsrecht an seinem Eigentum zu. Dem­gegenüber ist es das Wesen des Mietvertrages, dass dem Mieter lediglich ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung auf Zeit zusteht. Der Mieter verfolgt bezüglich der Deckung seines Wohnbedarfes also andere, neue Interessen als bisher. Vermögenseinbußen mit denen der Mieter sich in die Lage versetzen will, Eigentum zu erwerben, fallen bei wertender Betrach­tung nicht mehr unter den Schutzzweck der Vertragspflicht des Vermieters zur (vorüber­gehenden) Gebrauchserhaltung.

Auch ein Ersatz von fiktiver Maklerprovision für eine etwaige Anmietung einer neuen Wohnung scheidet aus. Einen solchen Schaden hat der Mieter tatsächlich nicht erlitten. Ein dem Ver­mieter nicht zurechenbarer Vermögensschaden kann nicht durch einen anderen, zwar abstrakt zurechenbaren, aber nicht eingetretenen Schaden ersetzt werden.  Etwas anderes gilt aller­dings für die Einlagerungs- und Umzugskosten, die Kosten für eine Übergangsunterkunft sowie die Umbaukosten der Einbauküche. Diese dienen – anders als die Maklerprovision – nicht ausschließlich dem Eigentumserwerb und sind bereits in der Pflichtverletzung und dem dadurch herbeigeführten Wohnungsverlust angelegt. Sobald das Mietverhältnis beendet ist, steht fest, dass der Mieter umziehen muss.

Fazit

Die Entscheidung betrifft lediglich die Frage der Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung muss ein Gericht außerdem Feststellungen zu der Höhe und Erforderlichkeit der Schadensersatzpositionen treffen, wenn diese bestritten werden. Vor einer Klageeinreichung müssen einzelne Schadenspositionen daher im Hinblick auf diese Kriterien und außerdem im Lichte des notwendigen inneren Zusammenhangs geprüft werden, um Prozessrisiken zu vermeiden. 

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