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Darf der Vermieter einer Sozialwohnung bei unwirksamer Schönheitsreparatur-Klausel die Miete erhöhen?

(AG Berlin-Schöneberg, 6.6.2008 – 17b C 295/07)

Wenn die vereinbarte Schönheitsreparatur-Klausel unwirksam ist, darf der
Vermieter einer preisgebundenen Wohnung die Kostenmiete entsprechend erhöhen
(noch nicht rechtskräftig).

Der Fall

Die Schönheitsreparatur-Klausel in einem Mietvertrag von 2002 ist nach der BGHRechtsprechung
unwirksam, weil sie dem Mieter verbietet, ohne Zustimmung des Vermieters
von der bisherigen Ausführungsart abzuweichen. Nachdem der Vermieter im Jahre 2007 von
dieser Rechtsprechung erfährt, erhöht er einseitig die Miete und berücksichtigt dabei den
Zuschlag, den der Vermieter ansetzen darf, wenn er selbst die Schönheitsreparaturen
durchführt. Mieter und Vermieter streiten über die Wirksamkeit der Mieterhöhung.

Was sagt das Gericht?

Es gibt dem Vermieter Recht. Sein Anspruch auf die höhere Miete
folgt nach Ansicht des Gerichts u.a. aus den berechnungsrechtlichen Vorschriften, also §§ 10
Abs. 1 S. 1 WoBindG, 4 Abs. 1 NMV 1970 und § 28 der II. Berechnungsverordnung. Die
Begründung: Die einseitige Mieterhöhung ist wirksam, denn der Vermieter einer
Sozialwohnung darf die Miete im Rahmen der zulässigen Kostenmiete erhöhen. Die zulässige
Kostenmiete ergibt sich aus der jeweils gültigen Wirtschaftlichkeitsberechnung. Eine neue
Wirtschaftlichkeitsberechnung darf der Vermieter aufstellen, wenn sich die laufenden
Aufwendungen – ohne sein Verschulden – erhöht haben. Das Gericht bejaht diese
Voraussetzung im Falle einer unwirksamen Schönheitsreparatur-Klausel, wenn der Vermieter
die Unwirksamkeit bei Vertragsschluss noch nicht erkennen konnte (hier: Anfang 2002 noch
unklare Rechtslage). Denn es führt zu erhöhten Instandhaltungskosten, wenn der Vermieter
die Schönheitsreparaturen tragen muss (Kostenmiete 8,50 €/p.a. = 0,71 €/m²/Mt höher).
Insofern meint das AG Berlin-Schöneberg, dass die nachträglich erkannte Klausel-
Unwirksamkeit genauso zu behandeln ist wie eine Vereinbarung, die den Vermieter von
Anfang an zur Tragung der Schönheitsreparaturen verpflichtet. Da die Miete bei
Sozialwohnungen nun einmal eine Kostenmiete ist, wird der Mieter durch die zulässige
Mieterhöhung auch nicht unangemessen benachteiligt.

Zur Erinnerung

Im frei finanzierten Wohnungsbau ist laut BGH der Vermieter bei
unwirksamer Schönheitsreparaturen-Klausel nicht berechtigt, eine Mieterhöhung in Form
eines Zuschlags zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen (BGH, 9.7.2008 – VIII ZR
181/07 – Newsletter 15/2008). Grund: Dem gesetzlichen Vergleichsmietensystem sind
Kostenelemente fremd. Bei Sozialwohnungen ist das anders!

Kommentar

Das Gericht betont, dass der Vermieter die Mieterhöhung nur für die Zukunft
verlangen kann. Das ist zwar im konkreten Fall richtig, weil der Vermieter die Mieterhöhung
nur für die Zukunft geltend gemacht hat. Grundsätzlich erlaubt § 4 Abs. 8 Satz 2 NMV aber
rückwirkende Mieterhöhungen „bis zum Beginn des der Erhöhung vorausgegangenen
Kalenderjahres“.

Praxishinweis

Zumindest im sozialen Wohnungsbau hat der Vermieter also eine gute
Chance, nicht auf den zusätzlichen Kosten durch unwirksame Schönheitsreparatur-Klauseln
sitzen zu bleiben. Diese Chance sollten Vermieter nutzen! Aber Vorsicht: Auch wenn vieles für
die wiedergegebene Lösung spricht: die Entscheidung des AG Berlin-Schöneberg ist noch nicht
rechtskräftig!
Es ist zu beachten, dass das Recht zur Mieterhöhung, entscheidend davon abhängt, ob die
Klausel unwirksam ist und ob der Vermieter bei Vertragsabschluss absehen konnte, dass die
Klausel keinen Bestand hat.

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