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BGH: Salomonisches Urteil zu Schönheitsreparaturklauseln

BGH, Urteile vom 08.07.2020 –VIII ZR 163/18 und VIII ZR 270/18

Am gestrigen Tag hat der BGH sich nunmehr über die in der Rechtsprechung stark um­strittene Fragestellung des Zusammenspiels von unwirksamen Schönheitsreparaturklauseln in Verbindung mit unrenoviert überlassenen Wohnungen geäußert. Anhand zweier ähnlich gelagerter Berliner Fälle, in denen die Mieter Jahre nach der Übernahme jeweils unrenovierter Wohnungen die Ausführung von Dekorationsarbeiten durch die Vermieter gefordert hatten, nimmt der BGH beide Vertragsparteien in die Pflicht.

Der BGH bestätigt zunächst seine Rechtsprechung der letzten Jahre, wonach an die Stelle der im Formularmietvertrag unwirksamen Schönheitsreparaturklausel die gesetzlich normierte Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB tritt.

In der heiß diskutierten Frage, was dies für Vermieter von unrenoviert überlassenen Wohnungen bedeutet, erteilt der BGH den Verfechtern einer Renovierungspflicht nach dem Prinzip „ganz oder gar nicht“ eine deutliche Absage. So könne der Vermieter bei einer unwirk­samen Formularklausel weder spiegelbildlich auf die dort vorgesehene frische Renovierung festgenagelt werden und ihn damit eine uneingeschränkte Renovierungspflicht treffen; noch führe der als vertragsgemäß angenommene Anfangszustand der Wohnung zu einem Ausscheiden von Instandhaltungsansprüchen des Mieters unabhängig von dem weiteren Ver­schleiß der Dekoration.

Zwar stelle der Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt der Überlassung den Ausgangspunkt für die den Vermieter treffende Erhaltungspflicht dar. Da aber eine Wiederherstellung dieses
– bereits abgenutzten – Zustandes in der Regel unpraktikabel oder zumindest wirtschaftlich nicht sinnvoll sein dürfte, sei die Herstellung eines frisch renovierten Zustandes sach- und interessengerecht. Die dem Mieter dadurch zugutekommende Verbesserung des Zustandes über den vertragsgemäßen Zustand hinaus sei dann aber nach dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) durch eine – in der Regel hälftige – Beteiligung an den erforderlichen Kosten auszugleichen.

Mit der Entscheidung versucht der BGH, eine Kompromisslösung für die in der Praxis häufig auftretende Problematik im Zusammenhang mit unwirksamen Schönheitsreparaturklauseln zu finden. Es bleibt jedoch zu bezweifeln, ob dies Frieden in die Debatte bringen wird oder eher Öl ins Feuer eines angespannten Mietverhältnisses gießt. Nicht geklärt ist im Übrigen jedoch noch die Fallvariante, wenn im Mietvertrag der Vermieter von einer Renovierungspflicht auch bei Übergabe einer unrenovierten Wohnung freigestellt wird.

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