Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zur Aufnahme eines Kredits

BGH, Urteil vom 28. September 2012; V ZR 251/11

  1. Es liegt in der Kompetenz der Wohnungseigentümer, die Aufnahme eines Kredites zur
    Deckung des Finanzbedarfs der Wohnungseigentümer zu beschließen.
  2. Dagegen fehlt es jedenfalls seit der vom Gesetzgeber nachvollzogenen Anerkennung der
    Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 10 Abs.6 Satz 1 WEG) an der
    Kompetenz, den Wohnungseigentümern eine gesamtschuldnerische Haftung durch
    Mehrheitsbeschluss aufzubürden.
    3 Ein Wohnungseigentümer hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die Ausführung
    eines bestandskräftigen Beschlusses unterbleibt; etwas anderes gilt nur dann, wenn
    schwerwiegende Gründe – etwa bei einer erheblichen Änderung der tatsächlichen
    Verhältnisse – die Durchführung der bestandskräftig beschlossenen Maßnahme als treuwidrig
    (§ 242 BGB) erscheinen lassen.

Fazit

Dem Urteil ist zuzustimmen. Im Ergebnis wäre aber auch dann, wenn das Fernabsatzgesetz
Anwendung finden würde, der Kunde, der den Widerruf erklärt, verpflichtet, die empfangenen
Leistungen zurück zu gewähren. Hat der Kunde einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen, ist
eine Rückgewähr der Leistungen nicht möglich. Dem Makler stünde dann Wertersatz, d.h.
Provision in Höhe der üblichen Vergütung zu. Soweit der Makler sich mit seinen
Provisionsforderungen im üblichen Rahmen hält, würde ihm auch über diesen Weg der
Provisionsanspruch zuzusprechen sein.

Sachverhalt

Im April 2009 beschließen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die Gesamtsanierung der
Wohnanlage zu einem Betrag von 550.000 Euro sowie dessen Finanzierung über staatliche
Zuschüsse und zinsbegünstigte Kredite. Die Finanzierungskosten sollen in den
Wohnungswirtschaftsplänen eingestellt werden, der Beschluss wird bestandskräftig. Im
November 2009 beantragt ein Wohnungseigentümer, ihn von jeglicher Haftung aus der
Finanzierung freizustellen. Er begründet dies damit, dass er seinen Anteil aus eigenen Mitteln
aufbringen wolle. Der Antrag wird zurückgewiesen. Der Wohnungseigentümer beantragt die
Ungültigerklärung dieses Beschlusses und die Feststellung, dass der Finanzierungsbeschluss
vom April 2009 nichtig sei.

Entscheidung

Der BGH sieht den Finanzierungsbeschluss aus April 2009 für bestandskräftig an. Er bejaht
die Beschlusskompetenz für die Kreditaufnahme. Zwar sei heftig umstritten, ob und ggf. unter
welchen Umständen die Aufnahme eines Kredites, bei dem es sich nicht nur um die Deckung
eines kurzfristigen Finanzbedarfs in überschaubarer Höhe handelt, noch ordnungsgemäßer
Verwaltung entspräche und demgemäß von der Wohnungseigentümerversammlung
beschlossen werden könne. Da der vorliegende Beschluss aber bestandskräftig geworden sei,
brauche dieses Problem nicht vertieft zu werden. Der Finanzierungsbeschluss sei in
Bestandskraft erwachsen.
Der Beschluss der Versammlung, mit der der Antrag des Wohnungseigentümers
zurückgewiesen wurde, ihn von der Haftung aus der Kreditaufnahme freizustellen, ist
wirksam. Zwar ist streitig, ob eine schematische Regelung dahingehend, auch die
Wohnungseigentümer in die Kreditaufnahme mit einzubeziehen, die über ausreichende
Liquidität verfügen und diese zur Abwendung einer Kreditfinanzierung einsetzen wollen,
ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Da der Beschluss, der die Kreditfinanzierung
vorsieht, aber bestandskräftig ist, hat kein Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, dass
die Ausführung unterbleibt. Ein bestandskräftiger Beschluss schließe zumindest den Einwand
aus, die Beschlussfassung habe nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen. Etwas
anders soll nur dann gelten, wenn schwerwiegende Gründe – etwa bei einer erheblichen
Änderung der tatsächlichen Verhältnisse – die Durchführung der bestandskräftig
beschlossenen Maßnahme als treuwidrig erscheinen lassen.
Dass in fehlerhafter Umsetzung des Finanzierungsbeschlusses über die anteilige Haftung nach
§ 10 Abs. 8 WEG hinaus ein die gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer
vorgesehener Darlehensvertrag abgeschlossen wäre, ist – wie der BGH ausführt – nicht
festgestellt.

Fazit

Festzuhalten ist, dass der BGH zunehmend dem einzelnen Wohnungseigentümer die
Verpflichtung auferlegt, gegen Beschlüsse, die nicht ordnungsgemäßer Verwaltung
entsprechen, die Anfechtungsklage zu erheben. Nachträglichen Abänderungswünschen
bestandskräftiger Beschlüsse auch nur in einzelnen Regelungen muss die Gemeinschaft nicht
entsprechen. Jeder Wohnungseigentümer sollte deshalb umgehend in der Anfechtungsfrist
prüfen, ob die Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen und nicht, ggf. erst
später, seinen Interessen nicht gerecht werden.

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