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Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer für Grundstücksverkauf?

Stimmen einzelne Wohnungseigentümer einer Veräußerung von Teilen des gemeinschaftlichen Grundstücks nicht zu, können sie nicht durch einen Mehrheitsbeschluss dazu verpflichtet werden; weil die Veräußerung die sachenrechtlichen Grundlagen betrifft, stellt sie keine Verwaltung im Sinne von § 21 Abs.3 WEG dar und kann auch nicht Gegenstand einer Vereinbarung sein.

BGH, Urteil 12.04.2013; V ZR 103/12

Sachverhalt

Das Grundstück einer Wohnungseigentümergemeinschaft wird von dem Grundstücksnachbarn überbaut mit einer Steinmauer. Ein Teilstück der Mauer baut der Nachbar versehentlich auf das Grundstück der Wohnungseigentümer. Nachdem die Überbauung bekannt wird, beschließen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die durch die Mauer abgetrennte Teilfläche von ca. 7 m² des Grundstückes für 5.000,00 € an den Nachbarn zu verkaufen. Die Verwalterin als Vertreterin der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Grundstücksnachbar schließen einen notariellen Kaufvertrag. Mit Ausnahme einer Wohnungseigentümerin genehmigen alle Wohnungseigentümer den Verkauf. Die Wohnungseigentümer verklagen die Miteigentümerin, die ihre Unterschrift verweigert, auf Erteilung der Genehmigung.

Entscheidung

Der BGH bestätigt das Urteil des Landgerichts, dass der Beschluss der Wohnungseigentümer, die Teilfläche zu verkaufen, nichtig ist. Für den Verkauf fehle der Wohnungseigentümerversammlung die erforderliche Beschlusskompetenz. Zwar sei die Wohnungseigentümergemeinschaft prozessführungsbefugt, weil die Wohnungseigentümer in dem Beschluss ihre Individualansprüche auf den Verband übertragen haben. Das soll selbst dann gelten, wenn der genannte Beschluss im Übrigen wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig ist. Da eine Veräußerung von Teilen des gemeinschaftlichen Grundstücks aber nicht eine Angelegenheit der Verwaltung ist, besteht für den schuldrechtlichen Verkaufsvertrag keine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung. Ein Anspruch auf Mitwirkung am Grundstücksverkauf kann, wie der BGH ausführt, auch nicht gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben von der Miteigentümerin verlangt werden. Ein solcher Anspruch auf Mitwirkung bestehe nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen. Dies setze aber außergewöhnliche Umstände voraus, die die Verweigerung der Zustimmung als grob unbillig und damit als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben erscheinen lassen.

Solche außergewöhnlichen Umstände ergeben sich aber nicht schon dann, wenn eine Handlungsalternative sinnvoller als eine andere erscheint. Hier seien aber verschiedene Möglichkeiten gegeben. Ohne Verkauf entgehe den Wohnungseigentümern zwar der Kaufpreis. Sie blieben aber Eigentümer der Teilfläche und könnten dem Nachbarn gegenüber von ihrem Eigentumsrecht Gebrauch machen.

Fazit

Eine für das Zusammenleben der Wohnungseigentümer bedeutsame Entscheidung des BGH, die die Zuständigkeitsgrenzen erneut aufzeigt. Eine Veräußerung eines Grundstücksteils betrifft nicht das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, sondern die Eigentumsverhältnisse und damit die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft. Die Voraussetzungen für die Mitwirkung im Rahmen der Treuepflicht der einzelnen Wohnungseigentümer an sachenrechtlichen Änderungen sind nicht schon dann gegeben, wenn ein „nicht unerheblicher Nachteil“ für die übrigen Wohnungseigentümer gegeben ist, sondern nur dann, wenn außergewöhnliche Gründe einen Mitwirkungsanspruch begründen.

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