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Bei Dachsanierung doch keine drei Vergleichsangebote?

  1. Wenn die Beschlussvarianten zum TOP „Dachsanierung“ so fest gezurrt wurden, dass andere Anbieter keine Chance mehr hatten, auf genau dieser Eigentümerversammlung zum Zuge zu kommen, ist dies wegen der Möglichkeit eines Negativbeschlusses unschäd­lich, wenn eine Vorauswahl durch den Beirat und die Verwalterin erfolgt und ein Preis­spiegel von dem Architekten erstellt worden war.
  2. Gegen das apodiktische Erfordernis von mindestens drei Vergleichsangeboten spricht schon, dass die Wohnungseigentümer – auch nach Einholung der Vergleichsangebote – nicht verpflichtet sind das billigste oder günstigste Angebot, wie man es bei einer Aus­schreibung kennt, anzunehmen und zu realisieren.

AG Hamburg–Blankenese, Urteil vom 15.04.2020; 539 C 16/18

Sachverhalt

Auf einer Wohnungseigentümerversammlung am 15.04.2018 wird beschlossen, das Dach in Stand zu setzen und mit den Arbeiten die Firma X zu beauftragen. Zu Grunde lag die Planung eines Architekten nebst Ausschreibung zur Erneuerung der Dacheindeckung. Die Instand­setzungsarbeiten in Höhe von maximal 775.000,00 € werden ebenfalls beschlossen. Im März 2018 hatte der Verwaltungsbeirat „Informationen und Empfehlungen“ zur Erneuerung des Daches abgegeben. Auf dieses Schreiben ist im Einladungsschreiben der Verwalterin hinge­wiesen. Der Architekt hatte eine Kostenaufstellung mit Vergabevorschlag unterbreitet. Auf Grundlage der von dem Architekten durchgeführten Planung nebst Ausschreibung zur Erneue­rung der Dacheindeckung gemäß der Kostenaufstellung und der Vergabeempfehlung des Architekten, die sämtlichen Eigentümern mit der Einladung zur Wohnungseigentümerver­sammlung zugesandt war, wurde der Beschluss gefasst. Für die Dachdeckerarbeiten lagen drei Angebote vor, über die die Eigentümer durch das Informationsschreiben des Ver­waltungsbeirats im März 2018 informiert worden waren. Auf dieses Schreiben war in der Ein­ladung nochmals Bezug genommen. Die beklagten Eigentümer machten geltend, dass die Firma X nach Gesprächen mit den weiteren Anbietern den kompetentesten Eindruck gemacht habe. Dementsprechend war im Beschlussantrag die Firma X als Auftragnehmerin vorge­schlagen.

Entscheidung

Das Amtsgericht Hamburg Blankenese hat die Beschlussanfechtungsklage – die auch auf weitere hier nicht relevante Gründe gestützt war – abgewiesen. Das Amtsgericht weist darauf hin, dass unschädlich war, dass die Beschlussvorlage so festgezurrt war, dass andere Anbieter keine Chance hatten, auf der Eigentümerversammlung zum Zuge zu kommen, nachdem eine Vorauswahl durch den Beirat und die Verwalterin erfolgt war und ein Preisspiegel vom Archi­tekten erstellt und den Wohnungseigentümern zugesandt war. Es kann nach Auffassung des Gerichts dahingestellt bleiben, ob der in der Einladung übersandte Preisspiegel den von der Rechtsprechung ansonsten geforderten drei Vergleichsangeboten überlegen oder gleichwertig war, da die Wohnungseigentümer auch nach Einholung von Vergleichsangeboten nicht ver­pflichtet sind, das billigste oder günstigste Angebot anzunehmen. Sofern nicht alle Ver­gleichsangebote vor der Versammlung den Eigentümern vorlagen, ist dies nach Auffassung des Gerichts unschädlich, wenn zumindest das günstigste (nicht: billigste!) später ausge­wählte Angebot vorher bekannt war und der Anfechtende nicht fristgerecht darlegt, welchen weiteren Informationsbedarf er hatte. Die Wohnungseigentümer können die Anzahl der Alter­nativangebote im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst festlegen und sich auch mit dem Preisspiegel des von ihnen hinzugezogenen Architekten begnügen.

Fazit

Das Amtsgericht Hamburg Blankenese hat in sorgfältiger und umfassender Würdigung die bisherige Rechtsprechung zu der verlangten Vorlage von drei Alternativangeboten für die Beschlussfassung in Frage gestellt und im vorliegenden Fall bejaht, dass es ordnungsmäßigen Ermessen entsprach, wenn bereits in der umfangreichen Einladung zur Versammlung auf das Informations- und Empfehlungsschreiben der Vorarbeiten des Beirats verwiesen wurde, sowie auf die Kostenaufstellung und den Vergabevorschlag des Architekten. Auch wenn im Hinblick auf die noch herrschende Rechtsprechung dem Verwalter weiterhin dringend empfehlen ist, drei Alternativangebote einzuholen und den Wohnungseigentümern zur Beschlussfassung
– außer bei Bagatellangeboten – vorzulegen, gibt das Urteil mit guten Gründen Veranlassung die bisherige Rechtsprechung in Frage zu stellen.

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