Allgemein Gewerberaummietrecht Newsletter

Zur Umlagefähigkeit der Kosten für eine Terrorschadensversicherung im Rahmen eines Gewerberaummietvertrages Terrorschadensversicherung und Gebot der Wirtschaftlichkeit. Was ist zu beachten?

(BGH, Urteil vom 13.10.2010, Az.: XII ZR 129/09)

In nahezu jedem Mietvertrag – sei es für Wohnraum oder Gewerbe – ist formularvertraglich
vereinbart, dass der Vermieter berechtigt ist, im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung
neu entstehende oder nachträglich anfallende Betriebskosten i.S.v. § 2 BetrKV auf den Mieter
umzulegen und die Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in angemessener Höhe neu
festzusetzen. Dies mag sich beispielsweise bei nachträglich anfallenden Gartenpflegekosten
noch in einem finanziell überschaubaren Rahmen abspielen. Wie aber verhält es sich mit einer
neu entstandenen Terrorschadensversicherung? Zählt bei einem jährlich anfallenden Betrag in
Höhe von € 76.293,69 das Argument „zu teuer – sprich´ unwirtschaftlich“?

Was war geschehen?

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 13.10.2010, Az.: XII ZR 129/09) hatte über einen solchenFall zu entscheiden. Mietobjekt ist ein Bürogebäude, das für den Betrieb städtischer Ämtergenutzt wird. Es hat einen Gesamtwert von 286 Mio. Euro. Gemäß Mietvertrag ist der Mieterzur Tragung von Betriebskosten verpflichtet. Bestandteil des Mietvertrags ist ferner dieKlausel, wonach der Mieter den durch Erhöhung oder Neueinführung von Betriebskosteneintretenden Mehrbetrag vom Zeitpunkt der Entstehung an zu tragen hat. Das Mietobjekt liegtunmittelbar neben dem Statistischen Bundesamt und in der Nähe von Einrichtungen desLandes Hessen sowie eines Fußballstadions.Aufgrund der Anschläge vom 11. September 2001 war der Gebäudeversicherer nicht mehrbereit, die Gefahr von Schäden durch Terrorismus mitzuversichern. Der Vermieter wargezwungen eine neue Versicherung abzuschließen. Zu diesem Zeitpunkt gab esdeutschlandweit nur einen Versicherer, der den Abschluss einer Terrorversicherung anbot.Unter Zugrundelegung versicherungsrechtlicher Kriterien sollte der Mieter einen anteiligenBetrag im Rahmen der Betriebskostenabrechnung in Höhe von € 76.293,69 zahlen, welchender Vermieter klagweise geltend gemacht hat. Die Vorinstanzen haben dem Vermieter Recht gegeben und ihn entsprechend zur Zahlung verurteilt. Der Bundesgerichtshof hat die Ansicht
der Vorinstanzen bestätigt.

Aus rechtlicher Sicht

Eine Umlage der Kosten für die Terrorversicherung sei als Nebenkosten nach den
vertraglichen Vereinbarungen möglich. Die Terrorversicherung gehöre als
Gebäudeversicherung zu den Sachversicherungen nach Nr. 13 der Anlage 3 zu § 27 II BV
(heute § 2 Betriebskostenverordnung). Auch stehe nicht entgegen, dass diese Kosten erst
nach Mietvertragsabschluss entstanden seien; eine Verpflichtung der anteiligen Übernahme
ergebe sich aus der entsprechenden Vereinbarung über die neu entstehenden Betriebskosten.
Die Umlage der Kosten für die Terrorversicherung verstoße auch nicht gegen das Gebot der
Wirtschaftlichkeit. Danach dürfen nur solche Kosten umgelegt werden, die bei gewissenhafter
Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt seien.
Maßgebend sei der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-
Nutzen-Verhältnis im Auge behält. Der Vermieter sei nicht daran gehalten, stets die billigste
Lösung zu wählen, sondern dürfe andere für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung relevante
Kriterien mit einbeziehen.

Entschließe sich der Eigentümer eines Grundstücks mit einem Versicherungswert von mehr als
25 Mio. Euro eine Terrorversicherung abzuschließen, könne er die dadurch entstehenden
Kosten nur dann auf die Mieter umlegen, wenn die Kosten dem Grundsatz der
Wirtschaftlichkeit genügen, d.h. erforderlich und angemessen sind. Es müsse daher für das
versicherte Gebäude geprüft werden, ob eine Versicherung gegen Terrorakte im Einzelfall
erforderlich und ob die konkret abgeschlossene Versicherung angemessen ist, d.h., ob ein
vernünftiger Vermieter, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge hat, die
Versicherung abgeschlossen hätte. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe, so der BGH, sei
davon auszugehen, dass ein vernünftiger Eigentümer eine mit erheblichen Kosten verbundene
Terrorversicherung nur abschließen werde, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Gefahr
eines Gebäudeschadens durch einen terroristischen Angriff begründen. Wenn aber hingegen
ein Gebäudeschaden durch einen terroristischen Angriff unwahrscheinlich sei und ein solcher
mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden könne, entspreche es keiner vernünftigen
Bewirtschaftung, dies rein theoretische Risiko mit erheblichem finanziellem Aufwand
abzusichern. Für welche Gebäude eine begründete Gefahr von Terroranschlägen bestehe,
lasse sich aus den Erfahrungen und den sich daraus ergebenden Motiven der Terroristen
herleiten, die in der Definition von Terrorakten in den Allgemeinen Bedingungen für die
Terrorversicherung ihren Niederschlag gefunden haben. Danach bezwecken die Angriffe eine
Schwächung tragender staatlicher Strukturen durch die Verbreitung von Angst und Schrecken
in der Bevölkerung. Zu den gefährdeten Gebäuden gehören deshalb Gebäude mit
Symbolcharakter, Regierungs- und Parlamentsgebäude, Bahnhöfe, Flughäfen,
Touristenattraktionen, Sportstadien, Büro- oder Einkaufszentren, sowie Gebäude, die sich in
unmittelbarer Nachbarschaft befinden. Im Ergebnis teilt auch der XII. Senat die Auffassung,
dass es für diesen konkreten Fall (das Mietobjekt liegt unmittelbar neben dem statistischen
Bundesamt und in der Nähe von Einrichtungen des Landes Hessen sowie eines
Fußballstadions) aus Sicht eines vernünftigen Vermieters erforderlich gewesen sei, eine
Terrorschadensversicherung abzuschließen, um bei Eintritt des Versicherungsfalls die
Sachschäden an dem Gebäude abzusichern. Da es zu diesem Zeitpunkt nur einen
Versicherungsanbieter gab, der das Risiko in entsprechender Höhe absicherte, sei zudem auch
das Gebot der Wirtschaftlichkeit eingehalten.

Praxishinweis

Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen, da in der Tat die Umstände des Einzelfalls eine
Terrorschadensversicherung erforderlich gemacht haben. Mieter, die sich auf einen Verstoß
gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot berufen, müssen nach dieser Entscheidung die Umstände
darlegen, aus denen sich eine eventuelle Pflichtverletzung des Vermieters ergeben soll. „Zu
teuer“ reicht dafür nicht aus. Zu beachten ist, dass der BGH über einen Sachverhalt zu
befinden hatte, als in Deutschland noch keine akute und konkrete Terrorgefahr bestand. Ob
sich der zunehmenden Gefahr von terroristischen Anschlägen in Deutschland Mieter noch auf
die vom BGH definierte Pflichtverletzung berufen können und werden, ist eher
unwahrscheinlich.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner