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Zu den Anforderungen an den Gesamtwirtschaftsplan In dem Gesamtwirtschaftsplan müssen die (künftigen) Hausgeldvorschüsse der Wohnungseigentümer nicht ausdrücklich als Einnahmen aufgeführt werden.

BGH, Urteil vom 10.06.2013, V ZR 211/12

Sachverhalt

In der Eigentümerversammlung wird folgender Beschluss gefasst: „Beschlussfassung über den
Gesamtwirtschaftsplan 2011 mit einem Gesamtaufwand von 32.970,00 € und den dazu
gehörigen Einzelwirtschaftsplänen. Die hier genannte Summe ist ein Vorschlag durch die
Verwaltung.
“ Das den Wohnungseigentümern übermittelte Exemplar des Wirtschaftsplanes
enthält eine Erläuterung der Verteilungsschlüssel. Es folgt eine Rubrik, in der die
„umlagefähigen Nebenkosten“ im Einzelnen aufgeführt werden. Ausgewiesen sind jeweils die
Gesamtbeträge und die auf die Wohnungseigentümer entfallenden Anteile. Ferner finden sich
dort die gesamten und anteilig auf die Wohnungseigentümer entfallenden Zinserträge der
Gemeinschaft. In einer weiteren Rubrik wird die Rücklagenzuführung behandelt, wobei
ebenfalls der Gesamtbetrag wie auch der von den Wohnungseigentümern zu tragende Anteil
aufgeführt wird. Die auf die Wohnungseigentümer entfallenden Hausgeldvorschüsse sind nicht
aufgeführt.

Das Amtsgericht gibt der Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers statt. Das
Landgericht Berlin meint, dass der Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplanes für
das Jahr 2011 in formeller und materieller Hinsicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer
Verwaltung entspreche. In ihm seien die im Jahre 2011 geplanten Ausgaben ebenso wie die
Zinserträge aufgeführt. Daraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass zur Deckung des
Differenzbetrages Einnahmen erforderlich seien, die im Wege der Erhebung von
Hausgeldvorschüssen erwirtschaftet würden. Die Höhe der erforderlichen Einnahmen
entspräche zwangsläufig den geplanten Ausgaben. Es sei nicht geboten, dass jedem
Eigentümer alle Einzelwirtschaftspläne vorlägen. Die auf die jeweiligen Einheiten entfallenden
Hausgeldvorschüsse ließen sich unter Zuhilfenahme der geltenden Kostenverteilungsschlüssel
berechnen.

Entscheidung

Der BGH weist die Revision zurück und bestätigt die Auffassung des Landgerichts. Der
Wirtschaftsplan ziele nicht allein auf den Ausweis der anteiligen Vorschussverbindlichkeiten
des einzelnen Wohnungseigentümers. Vielmehr müsse der Wirtschaftsplan erkennen lassen,
ob die Liquidität der Gemeinschaft gewährleistet sei. Daher müssten auch die
voraussichtlichen Hausgeldeinnahmen der Gemeinschaft aus dem Wirtschaftsplan
hervorgehen, da sie das Gegenfinanzierungsmittel für die gemeinschaftlichen Lasten und
Kosten sind und unter diesem Aspekt Einnahmen der Gemeinschaft. Damit sei jedoch noch
keine Aussage über die Art und Ausweisung der Hausgeldvorschüsse im Wirtschaftsplan
getroffen. Es sei ausreichend, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang ergebe, dass die
durch die sonstigen Vermögenszuflüsse nicht gedeckten voraussichtlichen Ausgaben durch
Hausgeldvorschüsse aufgebracht würden. Die eigentliche Bedeutung des Wirtschaftsplanes
liege darin, dass er die Belastung der Wohnungseigentümer mit Vorschüssen nach § 28 Abs.2
WEG verbindlich regele und deren Zahlungsverpflichtung erst entstehen lasse. Deshalb könne
in aller Regel davon ausgegangen werden, dass die in dem Wirtschaftsplan ersichtliche
Deckungslücke zwischen dem voraussichtlichen Ausgaben und den sonstigen
Vermögenszuflüssen der Gemeinschaft, die entweder ausdrücklich als Summe genannt werde
oder sich aus der Addition der einzelnen Posten ermitteln lasse, durch die Belastung der
Wohnungseigentümer mit Hausgeldvorschüssen ausgeglichen werden solle. Für den einzelnen
Wohnungseigentümer könne, auch wenn dieser nur die Höhe des auf ihn entfallenden
Hausgeldes erfahre, keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass nicht nur er, sondern
auch die anderen Wohnungseigentümern nach den im Wirtschaftsplan erläuterten
Verteilungsschlüssel belastet würden. Die Wohngeldvorschüsse seien zwar vorliegend nicht
ausdrücklich als erwartete Einnahmen ausgewiesen. Vielmehr seien den Ausgaben nur die
sonstigen Einnahmen in Gestalt der Zinserträge gegenüber gestellt. Bei der vorzunehmenden
Gesamtschau würden sich aber keine vernünftigen Zweifel daran ergeben, dass der
ausgewiesene Differenzbetrag insgesamt von allen Eigentümern über Wohngeldvorschüsse zu
finanzieren sei. Zur Beschlussfassung hätten ausdrücklich neben dem Gesamtwirtschaftsplan
auch die Einzelwirtschaftspläne gestanden. Unter Berücksichtigung der angegebenen
Verteilungsschlüssel lasse sich bei dem vorliegenden Wirtschaftsplan anhand der
Miteigentumsanteile der anderen Wohnungseigentümer unschwer deren Vorschüsse
errechnen.

Fazit

Bei den teilweise kleinlichen Versuchen einzelner Wohnungseigentümer, Wirtschaftspläne oder
Jahresabrechnungen wegen angeblicher Unvollständigkeit anzufechten, ist erfreulich, dass der
BGH mit dieser Entscheidung den Wohnungseigentümer darauf verweist, die
Wohngeldbelastung der weiteren Wohnungseigentümer selbst aus Verteilerschlüssel und
Miteigentumsanteil zu errechnen. Der BGH verlangt weder, dass alle Einzelwirtschaftspläne an
sämtliche Wohnungseigentümer zu versenden sind oder eine Vorschussliste zu erstellen sei,
aus der sich ergeben müsse, welche Hausgeldvorschüsse jeder einzelne Wohnungseigentümer
jährlich / monatlich zu zahlen habe. Der BGH betont vielmehr, dass keine vernünftigen
Zweifel daran gegeben sein können, dass nicht nur der einzelne Wohnungseigentümer,
sondern auch die anderen Eigentümer nach den im Wirtschaftsplan erläuterten
Verteilungsschlüsseln belastet werden.

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