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Wirksamkeit eines Leistungsbestimmungsrechts des Vermieters zur Änderung der Miethöhe nach billigem Ermessen?

BGH, Urteil vom 09.05.2012, XII ZR 79/10

Sachverhalt

Zwischen den Parteien bestand ein Vertragsverhältnis über die Nutzung einer Steganlage,
einer Slipanlage sowie einer Wasserfläche an einer Bundeswasserstraße. Unter § 5 des
zugrunde liegenden Nutzungsvertrages war folgende Regelung enthalten:

„Die Vermieterin prüft nach Ablauf von jeweils drei Jahren, erstmals zum
01.01.1999, ob das Nutzungsentgelt noch ortsüblich oder sonst angemessen ist.
Bei einer Änderung setzt sie den zusätzlich oder den weniger zu zahlenden
Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) fest und teilt dem Nutzer die Höhe
des künftig zu zahlenden Nutzungsentgeltes mit.“

Zum 01.01.1999 erfolgte eine erste Entgeltanpassung durch die Vermieterin, die von dem
Mieter auch akzeptiert wurde. Die weiteren Erhöhungen wurden nicht mehr akzeptiert. Mit der
Klage wurde Nutzungsentgelt für die Jahre 2005 bis 2007 geltend gemacht. Das
Berufungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Klausel wegen
unangemessener Benachteiligung unwirksam sei.

Rechtlicher Hintergrund

In Gewerberaummietverhältnissen können zur Veränderung der Miethöhe
Staffelmietvereinbarungen, automatische Wertsicherungsklauseln auf der Basis der
Veränderung des Verbraucherpreisindexes oder sogenannte Leistungsvorbehaltsklauseln
geregelt werden. Im Gegensatz zu diesen Mieterhöhungsmöglichkeiten regelt die in dieser
Entscheidung zugrunde liegende Klausel ein einseitiges Bestimmungsrecht des Vermieters,
ohne dass hier eine klare nachprüfbare Bezugsgröße oder ein klarer Bewertungsfaktor
zugrunde gelegt wird. Bei den Begriffen „ortsüblich“ oder „sonst angemessen“ handelt es sich
um unbestimmte Begriffe, die die zu erwartende Miethöhe nicht konkret kalkulierbar machen.
Dies auch vor dem Hintergrund, dass ein Mietenspiegel für Gewerberaummietverhältnisse
nicht existiert.

Entscheidung

Der BGH hat der Revision stattgegeben und hält die Klausel für wirksam. Bei einer
Mietanpassungsklausel erfordere das Transparenzgebot eine verständliche Formulierung, die
insbesondere den Anlass der Mietänderung, die Bezugsgrößen sowie den Umfang der
Mietanpassung umschreibe. Der Begriff der ortsüblichen Miete sei nachprüfbar, indem auf die
Vorschrift des § 546 a Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden könne. Hier werde auf die Miete
abgestellt, die für die Vermietung vergleichbarer Sachen ortsüblich sei. Angemessen sei der
orts- und marktübliche Mietzins, worunter derjenige verstanden werden kann, der für
vergleichbare Objekte bei einem Neuabschluss üblicherweise gefordert und gezahlt werde.
Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf die Vorschrift von § 315 BGB werde der Vermieterin
außerdem ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt, dessen Ausübung
verbindlich nach dem Maßstab dieser gesetzlichen Vorschrift geprüft werden könne. Der
eingeräumte Ermessensspielraum für die Vermieterin werde durch den Begriff der Billigkeit
begrenzt. Damit sei der Maßstab für eine mögliche Mietpreisänderung hinreichend bestimmt.
Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu § 315 BGB entspreche eine
einseitige Preisbestimmung in der Regel dann der Billigkeit, wenn das verlangte Entgelt im
Rahmen des Marktüblichen liegt und dem entspricht, was regelmäßig als Preis für eine
vergleichbare Leistung verlangt werde. Eine Preisanpassungsklausel sei grundsätzlich im
Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen möglich. Diese halte eine Inhaltskontrolle nur dann
nicht stand, wenn sie dem Vermieter die Möglichkeit biete, seinen Gewinn einseitig zu Lasten
des Mieters zu vergrößern. Dies sei bei der hier vorliegenden Klausel nicht der Fall. Durch die
Klausel werde sichergestellt, dass die Beklagte als Mieterin nur mit einer Veränderung der
Miete rechnen müsse, die der allgemeinen Preisentwicklung bei den Bezugsgrößen des
ortsüblichen oder angemessenen Nutzungsentgeltes und dem Umfang des billigen Ermessens
entspreche. Zudem sehe die Klausel auch eine Herabsetzung der Miete vor. Die Wirksamkeit
dieser Klausel setze auch nicht die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung des
Vertragsverhältnisses für den Mieter voraus. Die Einräumung eines Kündigungsrechts könne
zwar einen Ausgleich darstellen, wenn eine Klausel für sich betrachtet anderenfalls eine
unangemessene Benachteiligung bewirken könne. Diese Voraussetzung sei hier jedoch nicht
gegeben, da die Preisanpassungsklausel gerade nicht zu einer unangemessenen
Benachteiligung führe. Der Mieter sei im Übrigen dadurch ausreichend geschützt, dass er sich
in einem Prozess über die Angemessenheit des Mietzinses auf die Unbilligkeit der
Leistungsbestimmung berufen könne und im Rahmen einer erhobenen Zahlungsklage
einwenden könne, die Bestimmung sei unbillig und damit gerade nicht verbindlich geworden.
Durch den feststehenden Überprüfungsmaßstab der Gerichte für die Billigkeit nach § 315 BGB
sei der Mieter ausreichend vor einem Missbrauch geschützt.

Praxishinweis

Die Anwendung von Preisklauseln in Gewerberaummietverträgen setzt deren wirksame
Vereinbarung im Mietvertrag voraus. Mit der Entscheidung des BGH wird der Spielraum für die
Vertragsgestaltung daher um eine weitere Mieterhöhungsmöglichkeit erweitert. Welche
Erhöhungsvariante im Einzelnen im Gewerberaummietverhältnis der Interessen der Parteien
am meisten Rechnung trägt, ist vom Einzelfall abhängig. Preisklauseln sollten daher stets
einer genauen Überprüfung und den Interessen der Parteien im Einzelfall unterzogen werden.

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