Wirksame Abwälzung von Nebenkosten nur bei eindeutiger Regelung im Mietvertrag.
BGH, Urteil vom 02.05.2012, XII ZR 88/10
Sachverhalt
Zwischen den Parteien bestand ein Wohnraummietverhältnis. Im Mietvertrag war unter der
Überschrift „Miete und Nebenkosten“ u.a. Folgendes geregelt:
„3.2. Nebenkosten Heizkosten zurzeit
Betriebskostenvorschuss € 115,5“
Außerdem hat der Mieter nachfolgende Nebenkosten, soweit nicht bereits
in 3.1 und 3.2 enthalten, in der zulässigen Höhe anteilig im Verhältnis der
Wohnfläche zu tragen.(…)
„Nachfolgende“ Nebenkosten sind hier nicht aufgeführt. Die Parteien streiten sich um einen
Nachforderungsbetrag aus der Nebenkostenabrechnung 2007 in Höhe von € 1.006,50. Die
Vermieterin argumentiert, dass im Mietvertrag Vorschüsse auf Betriebskosten gemäß
Anlage 3 zu § 27 der II. Berechnungsverordnung (BV) vereinbart seien, über die abgerechnet
werden könne. Der Klage wurde nicht stattgegeben. Auch die Berufung wurde
zurückgewiesen.
Rechtlicher Hintergrund
Das Gesetz sieht vor, dass der Vermieter die auf der Mietsache ruhenden Kosten und Lasten
zu tragen hat (§ 535 Abs. 1 S. 3 BGB). Die Betriebskosten für ein Gebäude trägt daher der
Vermieter, wenn die Parteien nichts anderes geregelt haben. Die Vertragsparteien können
allerdings gesondert vereinbaren, dass der Mieter die Betriebskosten übernimmt (§ 556
Abs. 1 S. BGB). Eine solche Vereinbarung im Mietvertrag ist nur dann wirksam, wenn die
Vereinbarung so klar und hinreichend bestimmt gefasst ist, dass für den Mieter ersichtlich ist,
welche Kostenarten auf ihn zukommen. Der BGH hat dabei die bloße Bezugnahme auf die
Anlage 3 zu § 27 II. BV oder den jetzt aktuellen § 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) für
ausreichend gehalten. Maßgebend ist immer die bei Vertragsabschluss zugrunde gelegte
Fassung mit dem darin enthaltenen Betriebskostenkatalog. Etwas anderes gilt nur bei den
sogenannten „Sonstigen Betriebskosten“ im Sinne von § 2 Nr. 17 BetrKV. Hier reicht ein
allgemeiner Hinweis auf diese Vorschrift nicht aus. Diese müssen vielmehr konkret benannt
werden, um es dem Mieter zu ermöglichen, sich zumindest ein grobes Bild davon zu machen,
welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen können.
Entscheidung
Auch die Revision wurde zurückgewiesen. Die Entscheidung erging durch den XII. Zivilsenat,
obwohl ein Wohnraummietverhältnis zugrunde lag, weil dessen Zuständigkeit nicht rechtzeitig
abgelehnt wurde. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Mietvertrag weder eine
Aufzählung der umzulegenden Betriebskosten noch eine Verweisung auf die damals noch
geltende Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV enthalte. Aus Ziffer 3.2 des Mietvertrages würde sich
ergeben, dass für Heizkosten keine Vorauszahlungen vorgesehen waren. Auch in der dann
folgenden Nebenkostenabrechnung 2007 seien keine Heizkosten aufgeführt. Daraus sei der
Schluss zu ziehen, dass die Vertragsparteien den Begriff der Betriebskosten nicht im Sinne
der damals geltenden Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV verstanden hätten, denn dort seien
unter Ziffer 4 Heizkosten genannt. Eine Auslegung der Formulierungen würde daher nicht klar
ergeben, welche Positionen die Parteien mit der Bezeichnung „Betriebskosten“ bzw.
„Nebenkosten“ haben umlegen wollen. Die Regelungen könnten auch so verstanden werden,
dass mit „Nebenkosten“ auch Positionen gemeint seien, die über den Betriebskostenkatalog in
Anlage 3 zu § 27 II. BV hinausgingen. Damit würde gerade keine klare inhaltlich bestimmte
Vereinbarung über die Umlage von Betriebskosten vorliegen. Da die Mietpartei außerdem über
einen Zeitraum von acht Jahren Betriebskostenvorauszahlungen erbracht habe, ohne dafür
eine Abrechnung zu erhalten, läge zwischen den Parteien außerdem eine Änderung der
Mietstruktur durch schlüssiges Verhalten vor. Die Mieterin habe die Vorauszahlungen
geleistet, ohne dass die Betriebskosten abgerechnet wurden, obwohl ihr bekannt war, dass
keine wirksame Umlegungsvereinbarung vorlag. Es sei nun vielmehr eine Bruttomiete bzw.
Teilinklusivmiete geschuldet.
Praxishinweis
Der eigentlich für Gewerbemietrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat hier nur
versehentlich über ein Wohnraummietverhältnis entschieden. Um eine wirksame
Betriebskostenabwälzung im Mietvertrag vorzunehmen, sollte immer ein konkreter
Betriebskostenkatalog als Anlage beigefügt sein, der der aktuellen gesetzlichen Fassung des
§ 2 BetrKV entspricht. Für die „sonstigen Betriebskosten“ müssen die einzelnen Positionen,
die umgelegt werden sollen (z.B. Wartung Elektroanlagen, Wartung Rauchmelder), konkret
bezeichnet werden. Ferner ist darauf zu achten, dass der für Wohnraummietsachen
zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine schlüssige Umlagevereinbarung nur
bejaht, wenn neben der bloßen Zahlung weitere besondere Umstände hinzutreten, aus denen
auf eine rechtsgeschäftliche Erklärung der Parteien geschlossen werden kann. Dies ist eine
Frage des Einzelfalls.