Verpflichtung des Wohnungseigentümers zur Instandhaltung von Gemeinschaftseigentum: Eine in der Teilungserklärung getroffene Regelung, wonach Balkone, die zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, auf dessen Kosten in Stand zu setzen und in Stand zu halten sind, ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass hiervon Kosten ausgenommen sind, die die im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkonteile betreffen.
BGH, Urteil 16.11.2012, V ZR 9/12
Sachverhalt
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft, in der einzelne Wohnungseigentümer über einen
Balkon verfügen, ist in der Teilungserklärung folgende Regelung enthalten: „Einrichtungen,
Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder
gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen
Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.B. Balkone, Terrassen, Veranden, Einstellplätze), sind
von ihm auf seine Kosten in Stand zu setzen und in Stand zu halten.“ Als zwei Balkone Mängel
aufweisen, wird eine Firma M beauftragt, eine Ursachenanalyse durchzuführen. Diese führt zu
dem Ergebnis, dass eine schadhafte Balkon- und Fugenabdichtung sowie lose und starke
Rissbildungen aufweisenden Fugenbelag die Ursache für die Mängel sein können.
In der Eigentümerversammlung wird beschlossen, die Rechnung der Fa. M anteilsmäßig auf
sämtliche Eigentümer umzulegen und die anstehenden Kosten der Balkonsanierung von der
Gemeinschaft zu übernehmen. Ein Wohnungseigentümer beantragt, diese Beschlüsse für
ungültig zu erklären. Amts- und Landgericht geben der Anfechtungsklage statt.
Entscheidung
Der BGH stimmt der Entscheidung des Landgerichts dahingehend zu, dass die Beschlüsse
wegen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung für unwirksam zu erklären sind. Eigentümer von
Wohnungen mit einem Balkon müssen nach der Teilungserklärung für sämtliche diesbezüglich
entstehenden Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten aufkommen. Dies umfasse auch
die Kosten für die Isolierung und die Abdichtungsanschlüsse, die von dem jeweiligen
Wohnungseigentümer zu tragen seien. Die Überbürdung der Kostenlast knüpfe daran an, dass
der Balkon zum ausschließlichen Gebrauch durch den jeweiligen Wohnungseigentümer
bestimmt sei, die übrigen Miteigentümer von der Nutzung mithin ausgeschlossen seien. Zwar
sei richtig, dass den Eintritt von Feuchtigkeit verhindernde Maßnahmen auch der Erhaltung
des gesamten Gebäudes zugutekämen. Nach dem klaren Wortlaut der Teilungserklärung
bestehe der Sinn der Regelung aber darin, dass die übrigen Wohnungseigentümer, die von
der Nutzung des Balkons ausgeschlossen seien, auch von der Verpflichtung zur
Instandhaltung und Instandsetzung und von deren Kosten befreit sein sollten.
Fazit
Der Entscheidung dürfte über den Einzelfall hinaus erhebliches Gewicht zukommen. Finden
sich doch in sehr vielen Teilungserklärungen Regelungen, die die Instandhaltung und
Instandsetzung von bestimmten Anlagen und Einrichtungen und Gebäudeteilen sowie die
dafür entstehenden Kosten dem einzelnen Wohnungseigentümer übertragen. In der
Rechtsprechung war durchaus umstritten, ob es sich dabei auch um Gebäudeteile handeln
sollte, die dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen sind. So hat das OLG Schleswig am
30.03.2006 nur solche Bauteile darunter verstanden, die dem ausschließlichen Gebrauch des
Wohnungseigentümers zu dienen bestimmt sind. Das sollte bei dem Fußbodenaufbau der
Balkone der Fliesen-Belag sein, nicht aber konstruktive Teile wie die Balkonbrüstung,
Geländer oder die Abschlussplatte. Zu beachten ist allerdings, dass die Formulierung der
Regelungen in den Teilungserklärungen bezüglich der Verteilung der
Instandhaltungsverpflichtungen durchaus unterschiedlich und abweichend von der
Teilungserklärung sein kann, die Gegenstand der Entscheidung des BGH vom 16.11.2012 war.
Im Einzelfall wird es deshalb immer wieder zu Auslegungen kommen müssen. Die
Entscheidung macht aber klar und verständlich, dass dann, wenn die Verpflichtung zur
Instandhaltung an den ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer geknüpft
ist, davon auszugehen sein kann, dass er auch die Kosten für die Sanierung des
Gemeinschaftseigentums tragen muss.