Allgemein Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Verjährung von Schadensersatzansprüchen einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Mieter

BGH Urteil vom 29.06.2011, VIII ZR 349/10

Sachverhalt

Die Beklagten waren Mieter einer Eigentumswohnung, die im Eigentum des Klägers steht. Bei
ihrem Auszug Ende Juni 2008 beschädigten sie den im Gemeinschaftseigentum stehenden
Fahrstuhl, der innen mit Edelstahlpaneelen verkleidet war. Der Kläger macht aus
abgetretenem Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Schadensersatzanspruch
wegen der beschädigten Edelstahlpaneelen geltend. Die Klage wurde im Dezember 2009
erhoben. Die Beklagten haben sich auf die Verjährung der Forderung berufen. Beide
Vorinstanzen haben einen Schadensersatzanspruch des Klägers verneint.

Rechtlicher Hintergrund

Die Beklagten haben sich auf die Verjährungsvorschrift gem. § 548 BGB berufen. Danach
verjähren Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen
der Mietsache gegen den Mieter in sechs Monaten. Die Verjährung wird nur durch die
Erhebung einer Klage oder die Zustellung eines Mahnbescheides im gerichtlichen
Mahnverfahren gehemmt. Die Vorschrift gilt grundsätzlich für Schadensersatzansprüche des
Vermieters im Gewerbe- und Wohnungsmietrecht. Unter die Verjährungsvorschrift fallen nicht
nur mietvertragliche Ansprüche, sondern auch die aus demselben Sachverhalt resultierenden
deliktischen Ansprüche des Vermieters, die unabhängig von einem bestehenden Vertrag
bestehen. Wäre die Vorschrift auch in dem hier zu entscheidenden Sachverhalt anzuwenden,
wären die Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits Ende des Jahres 2008
verjährt.

Entscheidung

Der BGH gibt der Revision statt und weist den Rechtstreit zur Entscheidung an das
Berufungsgericht zurück. Er hält die Ansprüche nicht für verjährt: § 548 Abs. I BGB sei auf
Schadensersatzansprüche der WEG wegen Beschädigungen des Gemeinschaftseigentums
durch den Mieter einer Eigentumswohnung nicht anwendbar. Unter Bezugnahme auf seine
bisherige Rechtsprechung erkennt der BGH zwar an, dass dem Mieter die Berufung auf die
kurze mietrechtliche Verjährung unter bestimmten Voraussetzungen auch gegenüber einem
Eigentümer möglich sei, der nicht Vermieter ist und dessen Sache im Rahmen des
Mietgebrauchs beschädigt werde. Eine Anwendung der Regelung des § 548 BGB auf die am
Mietvertrag nicht beteiligte Wohnungseigentümergemeinschaft sei allerdings nicht
gerechtfertigt. Bei den Fällen in denen eine entsprechende Anwendung des § 548 BGB bejaht
worden sei, gehe es um Fallgestaltungen, in denen die Personenverschiedenheit zwischen
Eigentümer und Vermieter aus der Sicht des Mieters lediglich zufällig sei. Die kurze
Verjährungsfrist habe den Hintergrund, dass es dem Vermieter zumutbar sei, die Mietsache
bei Rückgabe zeitnah auf Schäden zu untersuchen und etwaige Ansprüche alsbald geltend zu
machen. Im Gegensatz dazu habe die Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Einfluss
darauf, ob und an wen die Wohnung vermietet werde. Die Überlassung der Mietsache – auch
der Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums – beruhe nicht auf einer Verfügung der WEG
über ihr Gemeinschaftseigentum, sondern allein auf einer Disposition des vermietenden
Wohnungseigentümers. Die WEG habe auch vielfach keine Kenntnis vom Auszug eines Mieters
oder eines ihrer Wohnungseigentümer. Mithin bestehe auch keine unmittelbare Veranlassung,
das dem Mieter zum Mitgebrauch überlassene Gemeinschaftseigentum wie Hauseingänge,
Treppenhäuser und Aufzüge zeitnah beim Auszug oder der Rückgabe der Wohnung auf
Beschädigungen zu untersuchen.

Praxishinweis

Die Ansprüche unterliegen daher der Regelverjährung aus § 195 BGB und damit einer Frist
von drei Jahren seit dem Schluss des Jahres, in dem die Ansprüche entstanden sind und der
Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners
Kenntnis erlangt (§ 199 BGB). Für einen späteren Prozess der Eigentümergemeinschaft auf
Zahlung von Reparaturkosten als Schadensersatz ist zu beachten, dass der WEG hier
Teilrechtsfähigkeit zukommt. Sie kann als selbständiges Rechtsobjekt als alleinige Klägerin
auftreten. Für Gewerbe- und Wohnraummietsachen hat der BGH mit Urteil vom 15.03.2006 –
VIII ZR 123/05 – entschieden, dass die Verjährung der Ersatzansprüche auch dann mit dem
Zeitpunkt zu laufen beginnt in dem der Vermieter die Mietsache zurück erhält, auch wenn das
Mietverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt endet. Mithin ist bei Berechnung der
Verjährungsfrist immer auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Schlüssel, nicht auf das Ende des
Vertragsverhältnisses abzustellen. Vermieter und Hausverwaltungen müssen sich innerhalb
der sechs Monate Rechnungen oder Kostenvoranschläge für die Positionen besorgen, die
entweder mit der Kaution verrechnet oder eingeklagt werden sollen, damit die
Schadensersatzansprüche der Höhe nach beziffert werden können. Außergerichtlich besteht
die Möglichkeit, die Verjährung durch Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger über
den Anspruch zu hemmen, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der
Verhandlungen verweigert (§ 203 BGB). Die Verjährung tritt dann frühestens drei Monate
nach dem Abbruch der Vertragsverhandlungen ein. Bei Gewerberaummietverhältnissen sollte
bei der Vertragsgestaltung beachtet werden, dass die kurze Verjährungsfrist vertraglich
verlängert werden kann, sofern dies wirksam formuliert wird.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner