Vergabe von großen Reparaturaufträgen: Dürfen WEG-Verwalter und Verwaltungsbeirat selbst entscheiden?
(LG München, Beschl. v. 28.6.2007 – 1 T 2063/07)
Der Fall
In einer Münchener Wohnungseigentumsanlage mit rd. 200 Wohnungen sind die
vorhandenen Holzdoppelfenster wegen Witterungseinflüssen sanierungsbedürftig. In einer
Eigentümerversammlung beschließen die Wohnungseigentümer den Austausch aller
Holzfenster zugunsten von Kunststofffenstern. Als „Kostenvolumen“ werden „ca. 1,92 Mio. €“
angegeben. Der Auftrag soll vom Verwalter in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat „an den
geeignetsten Anbieter“ vergeben werden. Diesen Beschluss fechten mehrere
Wohnungseigentümer an.
Was sagt das Gericht?
Das Gericht erklärt den Beschluss für ungültig, weil er „ordnungsgemäßer Verwaltung“ widerspricht.
Das Gericht bemängelt zunächst, dass im Vorfeld keine Kostenvoranschläge eingeholt wurden.
Bei Maßnahmen dieser Größenordnung ist die Einholung verschiedener Alternativ- oder
Konkurrenzangebote unerlässlich. Bloße Kostenschätzungen genügen nicht.
Desweiteren wurde zu weitgehend auf Verwalter und Verwaltungsbeirat delegiert. Denn der
Verwalter darf nicht allein entscheiden, wer der „geeignetste Anbieter“ ist. Dieses
Auswahlermessen muss die Gemeinschaft selbst ausüben, zumal sie nicht das
kostengünstigste Angebot wählen muss. Eine so weitgehende Ermächtigung zur
Auftragsvergabe widerspricht nach Ansicht des LG München ordnungsgemäßer Verwaltung.
Praxishinweis WEG-Reform
Die Entscheidung betrifft zwar noch das Vor-Reform-Recht. An
der maßgeblichen Rechtslage hat die WEG-Reform jedoch nichts geändert.
Praxishinweis „zweistufige Entscheidung“:
Will man die Gunst der Stunde nutzen und in
einer Eigentümerversammlung einen Beschluss zur Sanierung herbeiführen, so empfiehlt es
sich, zunächst einen Grundlagenbeschluss – etwa über die Art der Sanierung – zu fassen.
Später können dann Ausführungsbeschlüsse – wie z.B. die Handwerkerauswahl – beschlossen
werden. Dieses Vorgehen ist gerichtsfest.