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Schriftform im Gewerbemietvertrag: Was taugt eine Heilungsklausel?

(OLG Rostock, 10.7.2008 – 3 U 108/07)

Der Fall

Ein Gewerbemietvertrag mit 20-jähriger Laufzeit enthält folgende Klausel:

„Die Parteien verpflichten sich, diesen Mietvertrag nebst […] Anlagen dergestalt zu
einer Urkunde zu verbinden, dass hierdurch den Erfordernissen zur Wahrung der
Schriftform genüge getan wird und auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle
Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, um diese Form zu
erreichen, zu erhalten und für die Zukunft zu gewährleisten. Für
Mietvertragsnachträge gilt Vorstehendes entsprechend.“

Bereits nach 7 Jahren kündigt der Mieter vorzeitig unter Berufung auf Schriftformmängel das
Mietverhältnis. Der Vermieter meint: Die o.g. Klausel verbietet es dem Mieter, sich auf
eventuelle Schriftformmängel zu berufen.

Rechtlicher Hintergrund

Die Schriftform ist die entscheidende Klippe beim langfristigen
Gewerbemietvertrag. Da alle wesentlichen Vertragsinhalte – nebst Anlagen – der strengen
gesetzlichen Schriftform unterliegen, kommt es in der Praxis zu Mängeln (Beispiel: Es fehlt
eine Bezugnahme auf eine bestimmte Anlage). Ein solcher Verstoß führt zwar zur nicht zur
Unwirksamkeit des Vertrags, aber er „knackt“ die lange Frist; denn formlose Mietverträge
dürfen jederzeit ordentlich gekündigt werden kann (§ 550 BGB). Vermieter behelfen sich
daher oft mit sog. Schriftformklauseln, die den Mieter verpflichten, alles zu tun, damit eine
etwa fragwürdige Schriftform. geheilt wird. Nach Ansicht der überwiegenden Gerichte führt
eine solche Klausel im Gewerbemietvertrag dazu, dass sich der Mieter auf Schriftformmängel
nicht berufen darf.

Was sagt das Gericht

Das Gericht hält die (vorzeitige) Kündigung des Mieters für wirksam.
Denn der Formmangel führt zur vorzeitigen Kündbarkeit. Die vereinbarte
Schriftformheilungsklausel hilft dem Mieter nicht. Grund: Die gesetzliche Schriftform ist
zwingendes Recht, welches nicht zur Disposition von Mieter und Vermieter steht. Ein Mieter
kann also wegen Schriftformmängeln das Mietverhältnis auch dann vorzeitig kündigen, wenn
er nach dem Vertrag eigentlich zur Heilung dieses Formmangels verpflichtet wäre! Allerdings
kann der kündigende Mieter wegen Verletzung der Pflicht zur Heilung der Formmängel auf
Schadensersatz haften!

Praxishinweis

Das „Sicherheitsnetz“, das die üblichen Heilungsklauseln bieten, hat Risse
bekommen. Weder Vermieter, noch Verwalter können sich darauf verlassen, dass eine
Schriftformklausel eventuelle Schriftformmängel des Vertrags heilt. Bestehen Zweifel an der
Einhaltung der Schriftform, ist dringend zu raten, einen formwirksamen Nachtrag
abzuschließen.

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