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Schönheitsreparaturen und Quotenabgeltungsklausel Bundesgerichtshof berichtigt eigenen Rechtsentscheid vom 6.7.1988

BGH, Urteil vom 29.05.2013, Az. VIII ZR 285/12

Eine formularmäßige Klausel in einem Wohnraummietvertrag, die den Mieter verpflichtet, sich
anteilig an den Kosten zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht fälliger
Schönheitsreparaturen zu beteiligen (sog. Quotenabgeltungsklausel) und zur Berechnung der
Abgeltungsbeträge folgende Regelung vorsieht: „Berechnungsgrundlage ist der
Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts
“ ist unwirksam.
Mit diesem Leitsatz hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung im
Rechtsentscheid vom 06.07.1988 (VIII ARZ 1/88) und in seinem Senatsurteil vom 06.10.2004
(VIII ZR 215/03) aufgegeben.

Entscheidungsgründe

Zwar sei eine Quotenabgeltungsklausel nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dem Grunde
nach zulässig. Die im entschiedenen Fall allerdings vom Vermieter verwendete
Quotenabgeltungsklausel sei deswegen unwirksam, weil sie die Ermittlung des
Abgeltungsbetrages aufgrund eines vom Vermieter einzuholenden Kostenvoranschlages
vorsehe. Damit unterscheide sie sich von der durch Senatsurteil vom 26.09.2007 (VIII ZR
143/06) für zulässig erachtete Klausel, bei der der Abgeltungsbetrag anhand eines
Kostenvoranschlages eines von den Vertragsparteien ausgewählten Malerfachgeschäfts
ermittelt werden sollte.

Dem Rechtsentscheid aus dem Jahre 1988 könne deshalb im Lichte der Fortentwicklung des
Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen und des in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB inzwischen
normierten Transparenzgebots nicht mehr gefolgt werden. Die in der Mietvertragsklausel
festgelegte Pflicht, eine auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags eines Malerfachbetriebs
ermittelte Quote zu entrichten, lasse schon fraglich erscheinen, ob für den verständigen
Mieter erkennbar ist, dass es sich hierbei nur um eine unverbindliche Berechnungsgrundlage
handele. Eine Auslegung dieser Klausel in diesem Sinne sei wegen ihrer Intransparenz gemäß
§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam.

Es komme hinzu, dass die Auswahl des Malerbetriebs durch den Vermieter jedenfalls bei
gebotener kundenfeindlichster Auslegung dahingehend zu verstehen sei, dass die vom Mieter
eingeholten Alternativangebote von vornherein unbeachtlich seien. Und schließlich befürchten
die Richter des VIII. Senats, dass der eingeholte Kostenvoranschlag auch dann für die
Bemessung des vom Mieter zu zahlenden Abgeltungsbetrags verbindlich ist, wenn der vom
Vermieter ausgewählte Fachbetrieb einen unzutreffend hohen Renovierungsaufwand zugrunde
legt oder überhöhte Preise angesetzt hat.
Die Folge der unangemessenen Beschränkung der Rechte des Mieters bei der Berechnung der
Abgeltungsbeträge sei die Unwirksamkeit der Quotenabgeltungsklausel schlechthin. Eine
teilweise Aufrechterhaltung oder Umgestaltung der Klausel komme rechtlich nicht in Betracht.

Rechtlicher Hinweis

Fachjuristen hatten bereits mit einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in
dieser Rechtsfrage gerechnet. Denn nach neuerer Rechtsprechung ist für die Inhaltskontrolle
einer mehrdeutigen allgemeinen Geschäftsbedingung von mehreren möglichen Deutungen die
kundenfeindlichste Auslegung, also diejenige maßgebend, zur Unwirksamkeit der Klausel führt
(z.B. BGH, Urteil vom 23.09.2009, VIII ZR 344/08). Dem BGH ist zuzustimmen, dass bei
einer „kundenfeindlichsten Auslegung“ die Vertragsklausel dem Mieter unangemessen
benachteiligt, denn der eingeholte Kostenvoranschlag ist bei dieser Auslegung auch dann für
die Bemessung der vom Mieter zu zahlenden Abgeltungsbeträge verbindlich, wenn der vom
Vermieter ausgewählte Fachbetrieb einen unzutreffend hohen Renovierungsaufwand zugrunde
legt oder überhöhte Preise ansetzt. Bleibt also abzuwarten, ob eine entsprechende Klausel im
Mietvertrag dann für zulässig erachtet wird, wenn als „Berechnungsgrundlage der
Kostenvoranschlag eines von den Mietparteien auszuwählenden Malerfachgeschäfts“
vorgesehen wird.
Vor Quotenabgeltungsklauseln, die den Mieter verpflichten, einen Kostenanteil zu zahlen, ist
grundsätzlich zu warnen, sie sind nur unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt zulässig
und dürften sich in Formularmietverträgen kaum noch finden.

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