Schallschutz in Eigentumswohnungen Wird der in einer Eigentumswohnung vorhandene Bodenbelag (hier: Teppichboden) durch einen anderen (hier: Parkett) ersetzt, richtet sich der zu gewährende Schallschutz grundsätzlich nach der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109; ein höheres einzuhaltendes Schallschutzniveau kann sich zwar aus der Gemeinschaftsordnung ergeben, nicht aber aus einem besonderen Gepräge der Wohnanlage (insoweit Aufgabe des Senatsurteils von 01.07.2012; V ZR 195/11, NJW 2012, 2725 Rn.14).
BGH, Urteil vom 27.02.2015; V ZR 73/14
Sachverhalt
In einer Wohnungseigentumsanlage mit 320 Appartements, die Anfang der 70er Jahre des
letzten Jahrhunderts errichtet ist, hat ein Wohnungseigentümer den in der Wohnung
liegenden Teppichboden entfernt und Parkett einbauen lassen. Der Eigentümer der darunter
liegenden Wohnung beanstandet die sich hieraus ergebende Erhöhung des Trittschalls und
verlangt von dem Wohnungseigentümer, der den Teppichboden beseitigt hat, erneut einen
Teppichboden oder einen hinsichtlich der Trittschalldämmung gleichwertigen Bodenbelag zu
verlegen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die Klage
abgewiesen. Der BGH bestätigt die Entscheidung des Landgerichts.
Entscheidung
Nach den Feststellungen des sachverständig beratenen Amtsgerichts beträgt der
Trittschallschutz in der Wohnung des Klägers 59 dB. Damit entspricht der verlegte
Parkettboden den Anforderungen der zur Zeit der Errichtung der Wohnanlage maßgeblichen
DIN 4109 in der Ausgabe von 1962. Zwar ergibt sich aus der Baubeschreibung und dem bei
Errichtung des Gebäudes erstellten Verkaufsprospekt, dass die Wohnanlage hinsichtlich des
Schallschutzes durch die Verlegung von Teppichböden in den Wohnungen geprägt war. Diese
Ausstattung habe zu einem höheren Schallschutzniveau als dem in der damaligen Ausgabe
der DIN 4109 vorgesehenen Mindeststandard geführt. Daraus kann sich nach Auffassung des
BGH aber kein Anspruch auf die Einhaltung eines höheren Schallschutzniveaus ergeben. So ist
die Baubeschreibung, aus der sich erhöhte Schallschutzanforderungen ergeben, nicht Teil der
Gemeinschaftsordnung. Sie betrifft nur die zwischen dem Bauträger und den Ersterwerbern
geschlossenen Erwerbsverträge.
Soweit der Senat noch in seiner Entscheidung vom 1. Juni 2012 eine Erhöhung des
Schallschutzniveaus gegenüber der maßgeblichen Ausgabe der DIN 4109 aufgrund eines
besonderen Gepräges der Wohnanlage für möglich gehalten hat, das sich aus tatsächlichen
Umständen wie etwa der bei der Errichtung vorhandenen Ausstattung des Wohnumfeldes
ergeben könne, hält der Senat an dieser Auffassung nicht mehr fest. Ein besonderes Gepräge
der Wohnanlage erhöht das von den Wohnungseigentümern einzuhaltende Schallschutzniveau
nicht. Ob die hiesige Baubeschreibung zwingend eine Ausstattung der Appartements mit
Teppichboden vorsah, ist daher unerheblich. Die Auswahl des Bodenbelages als
Sondereigentum des Wohnungseigentümers steht deshalb im Belieben des
Sondereigentümers, jedenfalls soweit die im Zeitpunkt der Errichtung der Anlage geltenden
Lärmschutzvorschriften eingehalten werden. Empfindet ein Wohnungseigentümer die
Geräusche eines anderen Wohnungseigentümers als besonders lästig, hat er soweit die
Schallschutzbestimmungen zur Zeit der Errichtung der Anlage eingehalten sind, demgemäß
keinen Anspruch auf Auswechselung des Bodenbelages. Er kann seinen Anspruch nur auf die
Unterlassung lästiger Geräusche und Beeinträchtigungen gegenüber dem anderen
Wohnungseigentümer stützen. Das kommt jedoch nur bei einer übermäßigen oder
ungewöhnlichen Wohnnutzung in Betracht und scheidet bei Geräuschen, die durch die übliche
Nutzung der Wohnung verursacht werden, aus.
Fazit
Eine bedeutsame Kehrtwendung des BGH, die aber das Lärmproblem für
Wohnungseigentümer nicht löst. Gerade für alte Wohnanlagen, die häufig entsprechend dem
zur Errichtung des Gebäudes noch geltenden Wohnstandard mit Teppichen ausgestattet
waren, kann bei Austausch der Teppiche gegen Parkett der Geräuschpegel in der darunter
liegenden Wohnung erheblich steigen. Ist aber die zur Zeit der Errichtung der Anlage
geltenden Schallschutznorm, die in der Regel deutlich unterhalb den heute geltenden
Schallschutznormen liegt, eingehalten, muss der Wohnungseigentümer die Beeinträchtigung
hinnehmen, es sei denn, die Bewohner der oberen Wohnung verursachen durch übermäßige
Nutzung der Wohnung besonders lästige Geräusche.