Schallschutz in älteren Wohnungseigentumsgebäuden
a) Der DIN 4109 kommt ein erhebliches Gewicht zu, soweit es um die
Bestimmung dessen geht, was die Wohnungseigentümer an
Beeinträchtigungen durch Luft- und Trittschall zu dulden haben.
b) Der zu gewährende Schallschutz richtet sich grundsätzlich nach den im
Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Schutzwerten.
c) Der Umstand, dass ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt
wird, rechtfertigt nicht die Heranziehung der zur Zeit der Durchführung der
Maßnahme geltenden Ausgabe der DIN 4109.
d) Es gibt keinen allgemeinen Anspruch auf Beibehaltung eines vorhandenen,
die Mindestanforderungen überschreitenden Trittschallschutzes.
BGH, Urteil 01.06.2012, Az. V ZR 195/11
Sachverhalt
Ein Wohnungseigentümer (Kläger) in einem 1966 errichteten Gebäude verlangt von dem
Eigentümer der über seiner Eigentumswohnung liegenden Eigentumswohnung (Beklagter)
eine erhöhte Trittschalldämmung. In dem Zeitpunkt, in dem der Kläger seine Wohnung
kaufte, war in der oben liegenden Wohnung Teppichboden verlegt. Der Beklagte entfernte den
Teppich und ersetzte ihn im Wohnzimmer durch Laminat und im Flur durch Fliesen. Der neue
Belag wurde jeweils auf einer Schallschutzmatte auf dem ursprünglich vorhandenen
Parkettfußboden verlegt. In den übrigen Räumen befindet sich unverändert Fliesenbelag.
Der Kläger rügt, dass es durch Entfernung des Teppichbodens zu unzumutbaren
Lärmbelästigungen komme und verlangt vom Beklagten eine verbesserte Trittschalldämmung.
Entscheidung
Das Landgericht als Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers auf verbesserten
Trittschallschutz. Der BGH bestätigt diese Entscheidung: So hatte das Landgericht durch
Einholung eines Gutachtens feststellen lassen, dass die von der Wohnung des Beklagten
ausgehenden Geräusche sich im Bereich der DIN 4109 in der Ausgabe von 1962 bewegen.
Dass der Kläger bei Erwerb der Wohnung wegen des zu dem Zeitpunkt noch vorhandenen
Teppichs davon ausgegangen war, das Haus sei nicht hellhörig, führt nach Auffassung des
BGH nicht dazu, dass der Beklagte auch für die Zukunft an diesem Belag festhalten müsse.
Bei dem Oberbodenbelag handelt es sich nach allgemeiner Auffassung um Sondereigentum.
Ob der Gebrauch des Sondereigentums bei einem anderen Wohnungseigentümer Nachteile im
Sinne von § 14 Abs.1 WEG hervorruft, hängt insbesondere von der Frage ab, ob die
Schallschutzwerte eingehalten werden. Dabei kommt der DIN 4109 erhebliches Gewicht zu bei
der Bestimmung dessen, was die Wohnungseigentümer an Beeinträchtigungen durch Luft
und Trittschall zu dulden haben, auch wenn die DIN 4109 nur Mindestanforderungen
bezeichnet. Maßgeblich ist die Ausgabe der DIN 4109 von 1962, da sich der durch den
Eigentümer zu gewährende Schallschutz der grundsätzlich nach dem im Zeitpunkt der – hier
1966 erfolgten – Errichtung des Gebäudes geltenden Schutzwerte richtet. Änderungen der
Werte, wie z. B. in der Neufassung der DIN 4109 im Jahre 1989 bleiben ohne Auswirkung auf
das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander. Da vorliegend nur der Belag geändert
wurde und nicht in den Estrich und der darunter liegenden Geschossdecke eingegriffen wurde
und der Wert für die Luftschallübertragung bezüglich der DIN 4109/1962 nur um ein Dezibel
überschritten wird, könne nicht von einer Überschreitung der zulässigen Schallschutzwerte
ausgegangen werden. Dies umso mehr als die Überschreitung von einem Dezibel für das
menschliche Gehör nicht wahrnehmbar sei. Zwar könne sich im Einzelfall ein höheres
Schutzniveau ergeben als es durch die DIN 4109 festgelegt wird, wenn beispielsweise die
Wohnanlage bei ihrer Errichtung auf höhere Ansprüche ausgerichtet war. Das war vorliegend
aber nicht gegeben.
Fazit
Gleichermaßen wie im Mietrecht – vgl. BGH, NJW 2005, 218; NJW 2010, 3088 – bejaht der
BGH, dass für den Schallschutz die im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden
Schallschutzwerte gelten und spätere Änderungen auf das Verhältnis der
Wohnungseigentümer ohne Auswirkung bleiben. Damit sind im Bereich der häufig
bemängelten Beeinträchtigungen durch Lärm und Trittschall messbare Grenzen für die
Ansprüche von Wohnungseigentümern gegenüber anderen Miteigentümern oder gegenüber
der Gemeinschaft festgelegt.