Schadensersatzansprüche des Gewerberaummieters in Form von Umsatzeinbußen durch das Nichtraucherschutzgesetz (hier: Rheinland/Pfalz)
BGH, Urteil vom 13.07.2011 – XII ZR 189/09
Sachverhalt
Am 15.02.2008 ist in Rheinland-Pfalz ein Nichtraucherschutzgesetz in Kraft getreten. In der
an die Klägerin verpachtete Gaststätte durfte danach nicht mehr geraucht werden. Die von
der Pächterin geforderten Umbaumaßnahmen zur Schaffung eines den Anforderungen des
Nichtraucherschutzgesetzes entsprechenden Raucherbereiches lehnt die Verpächterin ab. Mit
ihrer Klage macht die Pächterin u.a. Ansprüche wegen eines von ihr behaupteten
Umsatzrückganges geltend, für den sie das durch das Nichtraucherschutzgesetz eingeführte
Rauchverbot in öffentlichen Gaststätten ursächlich sieht.
Rechtlicher Hintergrund
Auf einen Pachtvertrag sind grundsätzlich die Vorschriften über die Miete entsprechend
anzuwenden. Der Mieter kann von seinem Vermieter wegen eines Mangels im Sinne des § 536
BGB Schadensersatz verlangen, wenn der Mangel bei Vertragsschluss vorhanden ist, später
wegen eines Umstandes entsteht, den der Vermieter zu vertreten hat oder der Vermieter mit
der Beseitigung des Mangels in Verzug gerät. Der Vermieter muss als Schadensersatz alle
Nachteile, die durch den Sachmangel verursacht sind, inklusive aller Mangelfolgeschäden und
sonstigen Begleitschäden, also auch einen etwaigen Gewinnausfall, ersetzen. Darüber hinaus
bestehen Mietminderungsrechte gemäß § 536 BGB. Unter einem Mangel ist die für den Mieter
nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich
geschuldeten Zustand zu verstehen. Der Vermieter schuldet dabei nicht nur eine mangelfreie
Sache, sondern auch den ungestörten Gebrauch der Mietsache. Die Beeinträchtigung kann
dabei auf einem Sachmangel, auf einem Rechtsmangel oder auf das Fehlen einer
zugesicherten Eigenschaft beruhen. Welche vertragsgemäße Beschaffenheit das Mietobjekt
haben soll, wird dabei allein von den Vertragsparteien bestimmt. Durch die vertragliche
Festlegung des jeweils geschuldeten Gebrauchs und Zustand der Mietsache bei Überlassung
an den Mieter legen sie den vertragsgemäßen Zustand fest. Zusätzlich kann für die
Bestimmung des Umfangs des vertragsgemäßen Gebrauchs die Verkehrsanschauung als
Auslegungshilfe herangezogen werden. Ist im Vertrag keine ausdrückliche Regelung
vorhanden, gelten beispielsweise der Ertrag, die Rentabilität oder Gewinnerwartungen für das
Mietobjekt nicht als Mangel, da sie nicht unmittelbar der Mietsache anhaften, sondern lediglich
ihren Nutzwert betreffen. Ohne besondere Zusicherung haftet der Vermieter daher auch nicht
dafür, ob und in welchem Umfang die örtliche Lage eines Ladens vom Publikum angenommen
wird oder sich in einem Einkaufszentrum immer mehr leer stehende Läden im Umfeld
ergeben. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse oder Nutzungsbeschränkungen werden in
der Rechtsprechung als Mangel grundsätzlich anerkannt, wenn sie sich auf die Beschaffenheit
der Mieträume beziehen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters
ihre Ursache haben.
Die Entscheidung
Die Klägerin ist in sämtlichen Instanzen unterlegen. Auch die Revision hat keinen Erfolg. Der
BGH führt in seinen Urteilsgründen aus, dass das eingeführte Rauchverbot in öffentlichen
Gaststätten keinen Mangel des Pachtgegenstandes darstellt, weil die Gebrauchsbeschränkung
nicht auf der Beschaffenheit der Pachtsache beruhe, sondern sich auf die Art und Weise der
Betriebsführung des Pächters beziehe. Die Folgen des gesetzlichen Rauchverbots für
Gaststätten fallen daher allein in das wirtschaftliche Verwendungsrisiko des Pächters. Da kein
Mangel der Mietsache vorliegt, wird vom Bundesgerichtshof auch kein Anspruch auf
Mängelbeseitigung in Form der geforderten Umbaumaßnahmen zur Schaffung eines
Raucherbereiches bejaht.
Konsequenzen für die Praxis
Bei Gewerberaummietverträgen sollten unbedingt Haftungsausschlüsse vereinbart werden,
um umfangreiche Schadensersatzansprüche zu vermeiden. Sowohl die Haftung des
Vermieters für anfängliche Mängel als auch die Verpflichtung des Mieters, behördliche
Auflagen auf seine Kosten einzuholen und zu erfüllen, können wirksam vertraglich geregelt
werden. Darüber hinaus sollte beachtet werden, dass nach der Rechtsprechung des BGH bei
einer unzulässigen Nutzung des Mietobjektes wegen Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche
Bestimmungen jedenfalls so lange keine Gewährleistungsrechte für den Mieter bestehen, wie
die zuständige Behörde eine auch etwaig unzulässige Nutzung der Mietsache duldet.
Voraussetzung für die Annahme eines Sachmangels ist in der Regel eine tatsächliche Auflage
zur Nutzungsuntersagung durch die Behörde.