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Parabolantenne: Darf der Vermieter das Aufstellen einer Parabolantenne verbieten?

(BGH, U. v. 10.10.2007 – VIII ZR 260/06)

Sachverhalt

Ein türkischer Staatsangehöriger alevitischen Glaubens bewohnt eine Wohnung
mit Kabelanschluss. Durch Installation eines zusätzlichen Decoders können damit sechs
staatliche türkische Fernsehsender empfangen werden. Über Inhalte des alevitischen
Glaubens berichten lediglich zwei Privatsender, die nur über Satellit zu empfangen sind. Der
Mietvertrag enthält eine Formularklausel, wonach die Einrichtung einzelner Parabolantennen
durch den Mieter nicht gestattet ist. Der Mieter stellt dennoch eine solche Antenne auf dem
Balkon der Wohnung auf; von außen ist sie gut sichtbar. Der Vermieter fordert den Mieter
vergeblich zur Beseitigung auf. Der Mieter beruft sich auf seine Informations- und
Religionsfreiheit.

Rechtlicher Hintergrund

Nach herrschender Rechtsprechung hat der ausländische Mieter
dann einen Anspruch auf Aufstellung einer Parabolantenne, wenn
• er nur hierdurch heimatsprachliche Sender empfangen kann und
• die Bausubstanz des Hauses durch die Installation nicht erheblich beeinträchtigt wird.

Was sagt das Gericht?

Der Vermieter bekommt Recht. Der Mieter muss die Parabolantenne
entfernen! Dabei lässt es der BGH offen, ob der Vermieter das Aufstellen von Parabolantennen
generell durch (Formular-) Mietvertrag verbieten darf. Denn auch wenn die mietvertragliche
Regelung unwirksam wäre, darf der Mieter vorliegend keine Parabolantenne aufstellen. Bei
Fällen wie diesen muss nämlich abgewogen werden, welche Interessen überwiegen: die
Interessen des Eigentümers oder die Interessen des ausländischen Mieters? Für den Mieter
sprechen die Aspekte der Informations- und ggf. Religionsfreiheit. Für das Interesse des
Eigentümers spricht der Schutz der (auch ästhetischen) Unversehrtheit seiner Immobilie. Die
Abwägung ergibt hier ein Überwiegen der Interessen des Vermieters. Der BGH nutzt dabei
folgende Kriterien:

• andere Empfangsmöglichkeiten für Sender aus dem Heimatland (hier:
Breitbandkabelanschluss in der Wohnung mit 6 staatlichen türkischen
Fernsehprogrammen),
• Inhalte und Programmzusammensetzung der Sender, die der Mieter mit der
Parabolantenne empfangen möchte (hier: Privatsender mit türkischsprachigen
Informationen für Aleviten),
• Möglichkeit des Mieters, aus anderen Quellen Informationen über seine Religion zu
beziehen (z.B. Druckwerke, Radio, Internet),
• Lage und Größe der Parabolantenne.

Praxishinweis

Es ist anzunehmen, dass sich der BGH nicht ganz unbeeindruckt von den Photos der auf dem Balkon installierten Parabolantenne zeigte, die der Vermieter im Prozess vorlegte. Denn auch wenn durch die Installation der Antenne die Bausubstanz des Hauses an sich nicht beeinträchtigt wird, kann auch eine ästhetische Beeinträchtigung entscheidend sein. Im Streitfall können dem Vermieter also Fotos durchaus helfen.

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