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Mehrheitsbeschluss zur Vorbereitung einer Unterlassungsklage gegen den vermietenden Miteigentümer als mittelbarer Störer mit dem Ziel der Kündigung des störenden Mietverhältnisses

AG Hamburg-Wandsbek vom 12.04.2010; Az. 740 C 43/09

Der Fall

In einer Wohnungseigentumsanlage, die im Erdgeschoss in Teileigentum und in den
oberen Geschossen in Wohnungseigentum aufgeteilt ist, fühlen sich Wohnungsmieter durch
Geräusche und Lärm beeinträchtigt, die von dem vermieteten Teileigentum ausgehen. Sie
kürzen deshalb die Miete. Das Teileigentum, das in der Teilungserklärung als „Ladenfläche“
bezeichnet wird, ist an den Betreiber einer Shisha-Bar verpachtet. Abmahnungen werden
durch den Eigentümer der Wohnung gegenüber dem Eigentümer des Teileigentums wie aber
auch gegenüber dem Betreiber ausgesprochen. Auf einer außerordentlichen
Wohnungseigentümerversammlung beschließen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, den
Eigentümer des Teileigentums zu verpflichten, den Mietvertrag mit dem Betreiber der Bar zu
kündigen. Der Beschluss wird bestandskräftig. Die Verwaltung beauftragt einen Rechtsanwalt.
Das AG Hamburg-Wandsbek verurteilt den Eigentümer des Teileigentums, den Mietvertrag
zum nächstmöglichen Termin zu kündigen.

Gründe des Gerichts

Das AG Hamburg-Wandsbek führt in seinen Entscheidungsgründen
aus, dass der Beschluss nicht in den Kernbereich des Sondereigentums eingreift. Nach §§ 14
und 15 WEG darf ein Miteigentümer sein Eigentum nur so nutzen, dass sich der Gebrauch im
Rahmen der Regeln des Gesetzes und der Teilungserklärung hält. Bezüglich der Fläche, in der
die Shisha-Bar betrieben wird, trifft die Teilungserklärung in der dazu gehörigen Anlage, auf
die § 1 der Teilungserklärung verweist, die Zweckbestimmung, dass es sich um eine
„Ladenfläche“ handelt. Dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht lediglich eine
Funktionsbezeichnung und wird auch nicht dadurch zu einer solchen, dass § 5
Teilungserklärung regelt, dass die gewerbliche Nutzung der Räume gestattet sei, soweit dies
im Rahmen der behördlichen Auflagen zulässig sei. Nach § 5 Nr.4 Teilungserklärung ist die
Vermietung der dem Sondereigentum unterliegenden Flächen grundsätzlich zu gestatten. Der
Verwalter ist aber berechtigt, die Vermietung aus wichtigem Grund zu untersagen. Diese
Untersagungsbefugnis bedeutet nach Auffassung des Gerichts nichts anderes, als die
Übertragung der Rechte der übrigen Eigentümer gemäß §§ 14, Nr.1, 15 Abs.3 WEG zur
Geltendmachung durch ihn. Danach schließt diese Regelung es nicht aus, dass die Eigentümer
einen Beschluss fassen, womit die Vermietung untersagt wird bzw. der vermietende
Eigentümer zur Beendigung des Mietverhältnisses angehalten wird. Der Beschluss ist nach
Auffassung des Gerichts nach dem mit ihm verfolgten Zweck auch nicht darauf gerichtet, eine
konkrete Nutzungsart zu untersagen, die von der Teilungserklärung gestattet wäre.
„Laden“ meint jede Verkaufs- und Handelstätigkeit während der allgemeinen
Ladenschlusszeit. Eine Gaststätte mit Musik und Unterhaltsprogramm lässt sich hierunter
nicht fassen. Eine abweichende Nutzung wäre zwar zulässig, wenn sie nicht mehr stört als die
vorgesehene. Es kommt jedoch auf eine typisierende Betrachtungsweise an. Zwar ist
grundsätzlich dem mittelbaren Störer, d. h. dem Eigentümer des Teileigentums, es
überlassen, auf welche Weise er die Störung abstellt. Wenn andere Abwehrmaßnahmen
vernünftigerweise aber nicht in Betracht kommen, kann sich der Unterlassungsanspruch auf
das einzig wirksame Mittel – vorliegend die Kündigung – verdichten.

Fazit

Die Frage, ob die Wohnungseigentümerversammlung einem Miteigentümer vorgeben
kann, auf welche Weise er die Unterlassung einer unzulässigen Nutzung oder die Unterlassung
von unzulässigem Lärm durch Mieter / Pächter erreicht, ist streitig. Das AG Hamburg-
Wandsbek hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 21.10.2008
(Wohnungseigentümer 2009, 23-26) im vorliegendem Einzelfall die Kündigung als einzig
geeignete Maßnahme angesehen und demgemäß den vorhergehenden Beschluss der
Wohnungseigentümerversammlung nicht für nichtig erachtet, sondern als Anspruchsgrundlage
für das Klagverfahren angesehen.

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