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Laufzeitvereinbarungen in Wärmeversorgungsverträgen In einer aktuellen Entscheidung vom 21.12.2011 hat sich der BGH zu der Wirksamkeit von Laufzeitvereinbarungen in Wärmeversorgungsverträgen geäußert.

BGH, Urteil vom 21.12.2011, VIII ZR 262/09

Sachverhalt

Die Beklagte, ein Energiedienstleistungsunternehmen, schloss im September 2002 mit einer
Wohnungseigentümergemeinschaft (Klägerin) einen vorformulierten Wärmelieferungsvertrag
ab. Vereinbart wurde in diesem Vertrag die Geltung der Verordnung über allgemeine
Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV). Die Parteien vereinbarten
weiter, dass der Heizraum und die Heizstation, in denen die Wärme erzeugt wird, vom
Kunden gestellt und von dem Energiedienstleistungsunternehmen für 1 €/Jahr gepachtet
werden. Die Kosten der baulichen Instandhaltung und der künftig notwendig werdenden
Ersatzinvestitionen sollte vereinbarungsgemäß die Wohnungseigentümergemeinschaft tragen.
Die Laufzeit des Vertrages ist mit 10 Jahren vereinbart, die die Wohnungseigentümerschaft
für unwirksam hält und den Vertrag kündigt. Das Kammergericht in Berlin hat dem Antrag der
klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft, festzustellen, dass das Vertragsverhältnis
beendet ist, abgewiesen.

Die Entscheidung

Anders als das Kammergericht erachtet der Bundesgerichtshof die im Vertrag vereinbarte
Laufzeitvereinbarung für unwirksam. Der Ansicht des Berufungsgerichts, dass sich die
Zulässigkeit der 10jährigen Vertragsbindung aus § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV ergebe,
vermochte sich der nicht anzuschließen, weil das Vertragsverhältnis nicht die Lieferung von
Fernwärme zum Gegenstand habe. Für den gesetzlich nicht definierten Begriff „Fernwärme“
sei entscheidend, dass aus einer nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden
Heizungsanlage Wärme geliefert wird. Der BGH beruft sich in seiner Entscheidung auch auf
die Auffassung des Verordnungsgebers, der die nach § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV zulässige
Vertragslaufzeit von bis zu 10 Jahren deswegen als gerechtfertigt ansieht, weil die
Fernwärmeversorgung den Versorger in der Regel zu hohen Investitionen zwingt. Hieran fehle
es aber im Streitfall, weil die dem Energiedienstleistungsunternehmen gehörende und von
dieser zu unterhaltende Anlage nur zu einem symbolischen Pachtzins von € 1,00 pro Jahr
gepachtet sei.
Der BGH weist weiter darauf hin, dass die Laufzeitklausel nicht der Inhaltskontrolle des § 307
BGB standhält, da es mangels hoher Investitions- und Vorhaltekosten auf Seiten des
Energieleistungsunternehmens an einer sachlichen Rechtfertigung für die 10jährige
Vertragsbindung fehle. Auch eine sog. geltungserhaltene Reduktion komme aus rechtlichen
Gründen nicht in Betracht.

Fazit

Energiedienstleistungsunternehmen werden sich auf diese Entscheidung des
Bundesgerichtshofs einzurichten haben und unter Umständen ihre vorformulierten Verträge
ändern müssen, um weitere Prozesse zu vermeiden. Die vom BGH vorgenommene
Differenzierung, insbesondere der Hinweis darauf, dass für den Begriff „Fernwärme“
entscheidend sei, dass aus einer nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden
Heizungsanlage Wärme geliefert werde, ist zutreffend und entspricht dem Sinn und Zweck der
AVBFernwärme-Verordnung.

§ 1 AVBFernwärmeV: Gegenstand der Verordnung
(1) Soweit Fernwärmeversorgungsunternehmen für den Anschluss an die
Fernwärmeversorgung und für die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder
Vertragsbedingungen verwenden, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind
(allgemeine Versorgungsbedingungen), gelten die §§ 2 bis 34. Diese sind, soweit Absatz 3
und § 35 nichts anderes vorsehen, Bestandteil des Versorgungsvertrages


§ 32 AVBFernwärmeV: Laufzeit des Versorgungsvertrages, Kündigung
(1) Die Laufzeit von Versorgungsverträgen beträgt höchstens zehn Jahre. …

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