Allgemein Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Kostenbefreiung für den nicht zustimmenden Wohnungseigentümer

  1. Stimmt ein Wohnungseigentümer einer baulichen Maßnahme gemäß § 22 Abs.1
    WEG nicht zu, ist er gemäß § 16 Abs.6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG von den damit
    verbundenen Kosten befreit; es kommt nicht darauf an, ob seine Zustimmung
    gemäß § 22 Abs.1 i.V.m. § 14 Nr.1 WEG erforderlich war oder nicht.
  2. Er kann die Kostenfreistellung auch nach Bestandskraft des Beschlusses über die
    Durchführung der baulichen Maßnahme verlangen, sofern der Beschluss die
    Kostenverteilung nicht abschließend regelt.

BGH, Urteil 11.11.2011, Az. V ZR 65/11

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümerversammlung beschließt mehrheitlich, dass das gemeinschaftliche
Schwimmbad saniert und zugleich ein Teil der Hausmeisterwohnung zum Ruheraum
umgebaut werden soll. Die Kosten sollen über eine nach Miteigentumsanteilen berechnete
Sonderumlage erbracht werden. Ein Eigentümer stimmt den Beschlüssen nicht zu. In der
Gesamtabrechnung des folgenden Jahres sind die Kosten insgesamt, d.h. für
Schwimmbadsanierung und Hausmeisterwohnungsumbau aufgeführt und werden nach
Miteigentumsanteilen verteilt. Ein Eigentümer erhebt Anfechtungsklage insoweit, als auch ihm
die Kosten für die Schwimmbaderweiterung auferlegt worden sind, obwohl er dagegen
gestimmt hat.

Entscheidung

Der BGH gibt dem anfechtenden Wohnungseigentümer Recht. Bei der
Schwimmbaderweiterung handele es sich um eine bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs.1
WEG. § 22 Abs. 2 WEG, der die Modernisierungsmaßnahmen mit qualifizierter
Stimmenmehrheit gestattet, komme nicht zur Anwendung, weil die Schwimmbaderweiterung
sich als Umgestaltung der Wohnanlage darstelle. Zu dieser Umgestaltung wäre die
Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich gewesen. Soweit bisher streitig gewesen
sei, ob die in § 16 Abs.6 WEG vorgesehene Kostenbefreiung nur für den Wohnungseigentümer
eintritt, der der Maßnahme nicht zustimmt, obwohl er gemäß § 14 Nr.1 WEG hätte zustimmen
müssen, entscheidet der BGH diese Streitfrage dahin, dass es für die in § 16 Abs.6 WEG
angeordnete Kostenbefreiung nicht darauf ankommt, ob die Zustimmung des
Wohnungseigentümers zu der Maßnahme des § 22 Abs.1 WEG i.V.m. § 14 Nr.14 WEG
erforderlich war oder nicht. Maßgeblich ist nur, dass der Wohnungseigentümer einer
Maßnahme nach § 22 Abs.1 WEG nicht zugestimmt hat. Der BGH verkennt dabei nicht, dass
diese Rechtsauffassung Folgeprobleme im Hinblick auf den Gebrauch der baulichen Maßnahme
nach sich ziehen kann.

Da die Wohnungseigentümer in der Versammlung die Kostenverteilung im Beschluss offenbar
in dem Bewusstsein fassten, dass diese sich aus § 16 Abs.2 WEG ergebe und § 16 Abs.6 WEG
nicht bedachten, geht der BGH davon aus, dass die Kostenregelung nicht abschließend erfolgt
ist und stellt daher den anfechtenden Wohnungseigentümer von den Kosten hinsichtlich des
Schwimmbadumbaus frei.

Fazit

Mit dieser Entscheidung klärt der BGH die lange Zeit umstrittene Frage, ob die
Kostenbefreiung davon abhängig ist, ob die Zustimmung des nicht zustimmenden
Wohnungseigentümers überhaupt erforderlich ist. Allein maßgeblich für die Kostenbefreiung
ist nach dieser Entscheidung nun, ob die Zustimmung erteilt worden ist oder nicht. Die
Kostenfreistellung erfolgt damit ohne Rücksicht darauf, ob der nicht zustimmende
Wohnungseigentümer über das in § 14 Abs.1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt ist.
Mit der Entscheidung dürfte damit die Kostenverteilung keine größeren Schwierigkeiten
bereiten. Voraussetzung ist allerdings, dass bei der Erstellung der Jahresabrechnung die
Kostenbefreiungsregelung des § 16 Abs.6 WEG bei der Verteilung von Kosten für bauliche
Maßnahmen bedacht wird und Feststellungen möglich sind, wer der baulichen Maßnahme
gemäß § 22 Abs.1 WEG zugestimmt hat oder nicht.

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