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Kein Rechtsmissbrauch einer Kündigung bei noch nicht absehbarem Eigenbedarf bei Abschluss des Mietvertrages

BGH, Urteil vom 20.03.2013, VIII ZR 233/12

Sachverhalt

Im Februar 2008 mieten die Beklagten ein Einfamilienhaus in Wolfenbüttel an. Im März 2011
kündigt die Vermieterin das Mietverhältnis mit der Begründung, das Haus werde künftig für
ihren Enkel und dessen Familie benötigt. Der Eigenbedarf sei erst später aufgrund einer nach
der Vermietung eingetretenen Änderung der beruflichen und familiären Verhältnisse des
Enkels entstanden und sei deshalb nicht voraussehbar gewesen. Die Mieter bestreiten diese
Behauptung im Räumungsprozess und berufen sich auf Rechtsmissbrauch. Nach
Durchführung einer Beweisaufnahme gibt das Amtsgericht Wolfenbüttel der Räumungsklage
statt. Das Landgericht Braunschweig weist die Berufung der Mieter zurück: Auch wenn die
Kündigung bereits drei Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses ausgesprochen worden sei
und der Enkel bei der Anmietung geäußert habe, ein Eigenbedarf komme nicht in Betracht,
allenfalls ein Verkauf des Anwesens, sei die Eigenbedarfskündigung nicht
rechtsmissbräuchlich.

Entscheidung

Die zugelassene Revision zum BGH bleibt ebenso erfolglos. Die Kündigung wegen
Eigenbedarfs sei unter den hier gegebenen Umständen nicht rechtsmissbräuchlich. Eine
andere rechtliche Beurteilung könne nur dann stattfinden, wenn der Vermieter schon bei
Abschluss des Mietvertrages beabsichtigt oder zumindest in Erwägung zieht, die Wohnung
alsbald selbst zu nutzen oder sie einem Angehörigen seiner Familie oder seines Haushalts zu
überlassen. Dies sei aber im entschiedenen Fall nicht so, weil bei Abschluss des Mietvertrages
für die Vermieterin nicht ersichtlich war, dass ihr Enkel seine Lebensplanung ändern würde
und das Haus mit seiner Familie bewohnen wolle. Wie die Beweisaufnahme ergeben habe, sei
der Eigenbedarf erst später aufgrund einer nach der Vermietung eingetretenen Änderung der
beruflichen und familiären Verhältnisse des Enkels entstanden.

Praxisempfehlung

Bei Neuvermietungen sollte sich ein Vermieter ernsthaft überlegen, ob demnächst auch ein
Eigenbedarf infrage kommt und für ihn absehbar ist. Nach der bisherigen BGHRechtsprechung
genügt es dafür schon, wenn der Vermieter einen möglichen Eigenbedarf nur
„erwägt“. Das könnte bedeuten, dass auch ein „gefühlter“ Eigenbedarf rechtlich zu
berücksichtigen ist. Wird trotzdem vermietet, ohne den Mieter hierauf hinzuweisen bzw. einen
Zeitmietvertrag nach § 575 BGB abzuschließen, muss der Vermieter damit rechnen, dass eine
später von ihm ausgesprochene Eigenbedarfskündigung rechtsmissbräuchlich und damit
unwirksam ist.

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