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Institutionalisierter Interessenkonflikt. Für einen provisionsschädlichen Interessenskonflikt kommt es bei der Maklertätigkeit im Bereich der Pharmabranche nicht nur auf den Zeitpunkt der Nachweisleistung, sondern auf die Beziehungen des Maklers zum Dritten bis zum Abschluss des Hauptvertrages an.

OLG München, Urteil 14.03.2014; Az. 10 U 679/13

Sachverhalt

Die Klägerin, die Rechtsnachfolgerin einer Fa. S. GmbH ist, nimmt die Beklagte auf
Auskunftserteilung und Provisionszahlung in Anspruch. Zwischen der Rechtsvorgängerin, der
Klägerin, der Fa. S. GmbH, und der Beklagten war ein Vertrag geschlossen worden, in dem
die S. GmbH sich verpflichtete, der Beklagten Firmen zu benennen, die Vertragsprodukte von
der Beklagen entwickeln und/oder herstellen lassen wollten. Die Beklagte entwickelt und
erstellt Produkte im medizinischen Bereich. Die Fa. S. GmbH sollte auf alle Umsätze, die mit
den von ihr benannten Firmen getätigt wurden, eine Provision erhalten. Nach dem Vortrag der
Klägerin hat die Fa. S. GmbH einen Geschäftskontakt angebahnt, aufgrund dessen die
Beklagte einen Vertrag über Leistungen oder Lohnherstellung abschließen konnte. Bei diesem
Geschäftskontakt handelt es sich um eine Fa. N.V. Die Klägerin verlangt Auskunft über die
Nettoumsätze, die mit dieser Firma gemacht sind und Zahlung der Provision. Die Beklagte
wendet eine provisionsschädigende Verflechtung zwischen der Fa. S. GmbH und der
nachgewiesenen Fa. N.V. ein. Das Landgericht München weist die Klage ab.

Entscheidung

Das Oberlandesgericht München weist die Berufung der Klägerin zurück. Dabei führt es aus,
dass ein Auskunftsanspruch nur dann gegeben sei, wenn der nachfolgende Provisionsanspruch
auch begründet ist. Das OLG München verneint insoweit das Vorliegen einer
Nachweistätigkeit, weil der von der Klägerin benannte Dritte im Nachweiszeitpunkt nicht
vertragsbereit gewesen sei. Die von der Fa. S. GmbH nachgewiesene Fa. N.V. war im
Zeitpunkt des Nachweises nicht Rechteinhaber, da die erforderlichen Patente, die
Voraussetzung für die Erteilung eines Lohnfertigungsauftrages an die Beklagten waren, von
der Fa. N.V. erst Jahre später erworben wurden. Damit fehlte es an einer konkreten
Vertragsbereitschaft.
Das OLG führt in seinen Entscheidungsgründen weiter aus, dass der Provisionsanspruch im
Übrigen nicht gegeben sei, weil eine Verflechtung zwischen der Fa. S. GmbH und der Fa. N.V.
bestanden habe. Dabei sei auf die besonderen Umstände in der Pharmabranche Rücksicht zu
nehmen. Wie die Klägerin selbst vorgetragen habe, ziehe sich das Zulassungsverfahren
bezüglich der später von der Beklagten zu fertigenden Medikamente über Jahre hin. In einem
solchen Fall sei deshalb nicht nur auf den Zeitpunkt der Nachweisleistung abzustellen.
Entscheidend sei vielmehr der Entwicklungsvorgang der Beziehungen des nachgewiesenen
Vertragspartners zu der Beklagten in der Gesamtschau. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die
Klägerin Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der S. GmbH, also der Maklerin,
gewesen war. Die S. GmbH gründete mit Dr. Hans D. eine C.M. AG, deren
Gründungsaktionäre Dr. Hans D. und die S. GmbH waren, die jeweils mit 50 % beteiligt
waren. Die Klägerin wurde zum Alleinvorstand der C.M. AG berufen. Dr. D. übertrug seine
Patente auf die C.M. AG. Diese unterzeichnete 2004 einen Lizenzvertrag zur Nutzung mit der
N.V., d.h. der von der Fa. S. GmbH nachgewiesenen Interessentin zur Nutzung der
Herstellungspatente des Dr. D. Der Nachweis der N.V. als abschlussbereite Interessentin
diente demgemäß in der Gesamtschau lediglich einer geplanten wirtschaftlichen Verwertung
der Patente des Dr. D. auch durch die Klägerin. Die Beziehung zwischen dem Makler und dem
nachgewiesenen Dritten, d.h. der N.V., war damit durch die Gründung der Fa. C.M. AG
institutionalisiert. Wenn die Klägerin vorträgt, dass von Anfang an beabsichtigt gewesen sei,
der N.V. über die C.M. AG die unverzichtbare Lizenz zur Verfügung zu stellen, bestand über
den Lizenzvertrag eine klare dauerhafte Verbindung der S. GmbH und später der Klägerin mit
der Fa. N.V.. Damit sei eine provisionsschädliche institutionelle Verflechtung gegeben, die
einen Provisionsanspruch ausschließe.

Fazit

Die Entscheidung beinhaltet eine bedenkliche Ausweitung der Rechtsprechung zur
institutionellen Verflechtung. Auch wenn das OLG München dies auf die Besonderheiten der
Pharmabranche einengt und eine Übertragung auf die Immobilienbranche sich damit
verbietet, wird damit doch erstmals für die Verflechtung auf einen Zeitpunkt nach Erbringung
der Maklerleistung abgestellt. Die im Jahre 2001 von der Fa. S. GmbH nachgewiesene Fa.
N.V. erhielt erst 2004 die Lizenzen für die Verwertung der C.M. AG, d.h. ca. sechs Jahre nach
Erbringung der Nachweistätigkeit.
Eine gewisse Widersprüchlichkeit ergibt sich im Urteil auch deshalb, weil hinsichtlich der
Frage, ob eine Nachweismakler-Leistung durch die Fa. S. GmbH erbracht sei, das OLG
München nur auf den Zeitpunkt der Nachweistätigkeit abstellt und nicht wie hinsichtlich der
Frage der institutionellen Verflechtung auf eine Gesamtschau, die den Entwicklungsvorgang
der Beziehungen bis zum Abschluss des Hauptvertrages berücksichtigt.

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