Allgemein Newsletter Wohnungseigentumsrecht

Heizkörper und dazugehörige Leitungen zum Anschluss an eine Zentralheizung können durch Teilungserklärung oder nachträgliche Vereinbarung dem Sondereigentum zugeordnet werden. Sondereigentum sind dann vorbehaltlich ausdrücklich anderweitiger Regelungen in der Teilungserklärung auch Heizungsund Thermostatventile oder ähnliche Aggregate. Bei der Gesamterneuerung der Zentralheizung einer Wohnanlage muss den Wohnungseigentümern angemessene Zeit zur Umstellung der in ihrem Sondereigentum stehenden Heizkörper und Anschlussleitungen gegeben werden. Danach können Sie von der erneuerten Heizanlage abgetrennt werden, wenn die alten Geräte mit der neuen Anlage nicht (mehr) kompatibel sind.

BGH, Urteil 08.07.2011, Az. V ZR 176/10

Sachverhalt

In der Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist vereinbart, dass „die
Vor- und Rücklaufleitung und die Heizkörper der Zentralheizung von der Anschlussstelle an
die gemeinsame Steig- bzw. Fallleitung an
“ im Sondereigentum der Wohnungseigentümer
stehen.
Die Wohnungseigentümer fassen 2007 den Beschluss, die alte Heizung inklusive
Steigleitungen auf der Grundlage eines Gutachtens zu erneuern.
2009 wird wie folgt beschlossen:

  1. Auf der Grundlage der bisherigen Beschlüsse die Erneuerung der Heizzentrale, der
    Steigleitungen sowie aller notwendigen Verteilungsleitungen und Heizkörper gemäß
    der Planung vom September 2008 nach Ende der Heizperiode 2009/2010
    durchzuführen und
  2. bei einem veranschlagten Gesamtkostenvolumen von 496.000 € eine Sonderumlage
    aufzubringen von 110.000 € „für das Gemeinschaftseigentum“ und von 205.900 € „für
    das Sondereigentum“, welche in zwei Raten aufzubringen sein sollte, nämlich die erste
    Rate für das Gemeinschaftseigentum zum 31. Januar 2010 und die zweite Rate für das
    Sondereigentum zum 31. März 2010.

Die Anfechtungsklage gegen diese Beschlüsse ist vom Amtsgericht und vom Landgericht
zurückgewiesen. Der BGH bestätigt die Entscheidung des Landgerichts nur teilweise.

Entscheidung

Nach Auffassung des BGH ist die Klage unbegründet, soweit sie sich gegen die Festlegung des
Beginns der Arbeiten zur Erneuerung der Heizzentrale und der Steigleitungen und gegen die
Erhebung einer Sonderumlage von 110.000 € für das Gemeinschaftseigentum sowie gegen
deren Fälligkeit und Durchsetzung wendet. Heizzentrale und Steigleitung stehen im
Gemeinschaftseigentum. Dementsprechend hat die Wohnungseigentümerversammlung hierfür
die Beschlusskompetenz. Die Anfechtungsklage ist nach BGH aber begründet, soweit die
Beschlüsse eine Erneuerung auch der Heizkörper und der dazugehörigen Anschlussleitungen
in den Wohnungen und die hierfür vorgesehene Sonderumlage von 205.900 € betreffen.
Hierfür fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz. Diese Teile sind nach der
Teilungserklärung dem Sondereigentum zugewiesen. Die Erneuerung ist damit Angelegenheit
der einzelnen Wohnungseigentümer. Die Zuweisung dieser Bauteile in der Teilungserklärung
zum Sondereigentum ist wirksam. Dem steht nicht entgegen, dass über die Frage, ob
Heizkörper in einer Wohnungsanlage mit Zentralheizung Gemeinschafts- oder
Sondereigentum sind, unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Diese Frage muss
auch vorliegend vom BGH nicht abschließend entschieden werden. Zur Entscheidung steht
lediglich die Frage, ob diese Bauteile durch die Teilungserklärung dem Sondereigentum
zugeordnet werden können. Diese Frage bejaht der BGH. Die in den Wohnungen aufgestellten
Heizkörper und die dazugehörigen Anschlussleitungen dienen nur dem Wohnungseigentümer,
in dessen Wohnung sie sich befinden. § 5 Abs.2 WEG steht dem nicht entgegen. Dem steht
auch nicht entgegen, dass die Heizungsanlage sich als geschlossenes System darstellt. Dem
steht weiter nicht entgegen, dass an eine Zentralversorgungseinrichtung nicht beliebig viele
Heizkörper beliebiger Bauart und Leistung angeschlossen werden können. Hierfür kommen
vielmehr nur Heizkörper in Betracht, die nach Zahl, Bauart etc. mit der Zentraleinrichtung
kompatibel sind und deren ordnungsgemäßes Funktionieren nicht beeinträchtigen. Daraus
ergibt sich aber nicht, dass die Gesamtanlage ohne Heizkörper und Anschlussleitungen nicht
funktioniere und diese unverzichtbaren Bauteile der gemeinschaftlichen Teile den
Heizungsanlage wären.

Dabei handelt es sich um technische Beschränkungen bei der Benutzung der
Gemeinschaftseinrichtung, die der einzelne Wohnungseigentümer beachten muss, wenn er sie
nutzen will. Solche Vorgaben können dem Wohnungseigentümer faktisch zwingen, neue
Heizkörper und Anschlussleitungen anzuschaffen, wenn die vorhandenen alten wegen ihres
Erhaltungszustandes die neue Anlage beschädigen oder mit ihr technisch nicht mehr
kompatibel sind, etwa weil die Rohrdurchmesser der Anschlussleitungen verkleinert werden
müssen. Eine Legitimation der Gemeinschaft, dem einzelnen Wohnungseigentümer die
Erneuerung auch technisch kompatibler Heizkörper und Anschlussleitungen aufzuzwingen
oder umgekehrt eine von ihm für sich angestrebte Erneuerung mit technisch kompatiblen
Geräten oder deren technisch vertretbare Verlegung innerhalb seiner Wohnung zu
verweigern, lässt sich aus den technischen Vorgaben der zentralen Einheiten in der Anlage
nicht ableiten. Auch Heizungs- und Thermostatventile sind vorbehaltlich ausdrücklicher
anderweitiger Regelung in der Teilungserklärung ebenfalls Sondereigentum. Daran ändert sich
nichts, wenn solche Geräte auch zur Steuerung oder Überwachung benötigt werden, um den
Verbrauch festzustellen. Ihr Vorhandensein ist Voraussetzung für die Möglichkeit eines
Anschlusses an die Heizungsanlage, stellt aber eine Regelung in der Teilungserklärung nicht in
Frage, der zufolge Heizkörper Sondereigentum sein sollen. Die Erneuerung der Heizzentrale
und der Steig- und der sonstigen zentralen Verteilungsleitungen kann zwar dazu führen, dass
vorhandene alte Heizkörper und Anschlussleitungen nicht mehr an die neue Anlage
angeschlossen werden können, weil sie diese beschädigen oder Aggregate der Zentralanlage
stören. Das steht der Durchführung der beschlossenen Erneuerung der Zentraleinheiten der
Anlage aber nur entgegen, wenn für einen Wohnungseigentümer, der seine Heizkörper und
Anschlussleitungen nicht erneuern möchte, die weitere Versorgung mit Heizwärme auch
unter Verwendung seiner alten Bauteile gewährleistet werden müsse. Das ist, wie der BGH
betont, nicht der Fall. Die Gemeinschaft muss dem einzelnen Wohnungseigentümer unter dem
Gesichtspunkt der Rücksichtnahme eine angemessene Zeit zur Umstellung seiner Heizkörper
geben, die Durchführung der beschlossenen Erneuerung aber nicht über den danach
gebotenen Zeitraum hinaus zurückstellen. Ein Wohnungseigentümer, der seine Geräte auch
danach nicht erneuern will, kann dann von der Heizungsanlage getrennt werden, wenn seine
Geräte und / oder Anschlussleitungen mit der neuen Zentralheizung nicht mehr kompatibel
sind.

Fazit

Die Entscheidung bringt Klarheit in Fragen der Zuordnung von Gemeinschafts- oder
Sondereigentum, macht aber das Zusammenleben der Wohnungseigentümer keineswegs
einfacher. Entscheidend bei den Beschlüssen zur Instandsetzung oder Instandhaltung ist, wie
die Entscheidung zeigt, zunächst die Prüfung der Teilungserklärung, ob nicht besondere
eigentumsrechtliche Zugehörigkeiten vereinbart sind und damit der
Wohnungseigentümerversammlung die Beschlusskompetenz fehlen kann, soweit
Sondereigentum vereinbart ist.
Weiter zeigt die Entscheidung, dass die für zulässig gehaltene Zuordnung von Teilen einer
Heizungsanlage wie Heizkörper, Anschlussleitungen, Ventile etc. zum Sondereigentum, die
Erneuerung der Gesamtanlage und Erbringung von Sonderumlagen nur soweit von der
Versammlung wirksam beschlossen werden kann, als es sich um Gemeinschaftseigentum
handelt. Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass den Wohnungseigentümern jedenfalls
bei Neuinstallation einer Heizungsanlage angemessene Zeit zur Umrüstung ihrer im
Sondereigentum stehenden Heizungsbestandteile eingeräumt werden muss. Erfahrungsgemäß
wird die Abwartehaltung bzw. auch das Unverständnis oder Unvermögen einzelner
Wohnungseigentümer dazu führen, dass viele Sondereigentumseinheiten nicht rechtzeitig
angeschlossen werden und dies Anlass für zusätzlichen Streitstoff bilden kann.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner