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Haftung der Eigentümergemeinschaft für den Verwalter gestern und heute

Die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes durch das WEMoG per Dezember 2020 hat auch das Verhältnis von Eigentümergemeinschaft und Verwalter geändert. Die Ver­tretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt jetzt gem. § 9 b) WEG grundsätzlich dem Verwalter. Eine Vertretung der einzelnen Wohnungseigentümer durch den Verwalter – wie noch in § 27 Abs. 2 WEG a.F. geregelt – sieht das Gesetz jetzt nicht mehr vor. Am Rechtsverkehr nimmt nur noch die Gemeinschaft der Wohnungseigen­tümer teil und nicht mehr die einzelnen Wohnungseigentümer als solche. Der Verwalter ist Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Nach dem alten Recht konnten sich Probleme ergeben, wenn der Verwalter schuldhafte Pflichtverletzungen gegenüber Dritten oder einzelnen Wohnungseigentümern beging.

Geschah das in Vollzug seiner sich aus der Bestellung und dem Verwaltervertrag erge­benden Pflichten, so handelte er als Organ und der Geschädigte konnte sich direkt an die Wohnungseigentümergemeinschaft wenden.

Waren seine Aktionen aber nicht durch Vereinbarung, Beschluss oder den Verwalter­vertrag gedeckt – handelte er also eigenmächtig –, so haftete die Wohnungseigen­tümergemeinschaft dem Dritten gegenüber nicht.

Konkret: Hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft z.B. einen Handwerker mit der Ausführung von Bauleistungen beauftragt und der Verwalter kam mit der Bezahlung des Handwerkers in Verzug, so bestand ein Zahlungsanspruch des Handwerkers direkt gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Handelte der Verwalter aber eigenmächtig, d.h. ohne dass seine Aktion durch Verein­barung, Beschluss oder Verwaltervertrag gedeckt war, musste sich der geschädigte Dritte direkt an den Hausverwalter wenden und konnte nicht gegen die Wohnungseigentümer­gemeinschaft vorgehen.

Diese Unterscheidung gibt es jetzt nicht mehr, wie auch das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg gerade in einem Urteil bestätigt hat (75 C 10/21). Eine Hausver­waltung hatte eine Wohnungseigentümerin mehrfach aufgefordert, ihr Lastenfahrrad von dem Fahrradparkplatz im Innenhof des Gebäudes zu entfernen. Begründung: Das Lasten­fahrrad werde nie benutzt und es sei sehr heruntergekommen. Sie drohte darüber hinaus an, das Fahrrad über die städtische Müllabfuhr entsorgen zu lassen, wenn die Wohnungs­eigentümerin ihrem Begehren nicht nachkäme. Dies alles geschah im Jahre 2020.

Das Amtsgericht Charlottenburg wies die Klage der Eigentümerin gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Unterlassung ab. Die Gemeinschaft der Wohnungseigen­tümer sei nicht passivlegitimiert, d.h. nicht die richtige Beklagte. Zum Zeitpunkt, da die Hausverwaltung ihre Drohung ausgesprochen habe, habe noch das alte Recht ge­golten. Die Hausverwaltung sei aber unter keinem Aspekt legitimiert gewesen, eigen­mächtig eine Entfernung des Fahrrades zu verlangen, insbesondere nicht, dies entsorgen zu lassen. Sie sei über ihre Befugnisse deutlich hinausgegangen, sodass die Wohnungs­eigentümergemeinschaft sich dieses rechtswidrige Verhalten auf der Grundlage des alten Rechts nicht zurechnen lassen müsse.

Wären die Handlungen allerdings nach dem 01.12.2020 begangen worden, so würde sich dies anders darstellen.

Ob die Wertung des Gerichtes, im Hinblick auf das Verhalten der Verwalterin tatsächlich zutreffend ist und insbesondere das Übergangsrecht richtig angewendet wurde, mag einmal dahinstehen:

Der Fall zeigt jedenfalls, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, den Verwalter nunmehr zum voll umfänglichen Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu machen, richtig ist. Vom Verwalter geschädigte Wohnungseigentümer oder Dritte müssen nicht mehr überlegen, gegen wen sie ihre Ansprüche richten müssen.

Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht

Erstellung einer fehlerhaften Jahresabrechnung macht schadensersatzpflichtig – AG Wiesbaden, Urteil vom 04.09.2020; 92 C 287/20

Die Erstellung einer fehlerhaften Jahresabrechnung stellt eine Verletzung der Pflichten des Verwaltervertrags dar, die den Verwalter gem. § 280 BGB grundsätzlich zum Schadensersatz ver­pflichtet. Link zum Urteil

Absagen einer Eigentümerversammlung wegen Corona? – LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 29.03.2021; 2-13 T 7/21

Bestehen zum Zeitpunkt der geplanten Eigentümerversammlungen objektiv Unsicher­heiten, ob die Durchführung gemäß der geltenden Coronaschutzverordnungen zulässig ist oder die Teilnehmer sich ordnungswidrig verhalten, besteht ein Anspruch auf Absage der Versammlung. Link zum Beschluss

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