Gutachten zur Begründung einer Mieterhöhung
Erleichterung für Sachverständige
BGH, Urteil vom 03.02.2016, VIII ZR 69/15
Sachverhalt
Die Vermieterin nimmt den Mieter gerichtlich auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung um
€ 62,24 monatlich in Anspruch. Zur Begründung bezieht sie sich auf das Gutachten eines
öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, das dieser in der Art eines
“Typengutachtens“ zur ortsüblichen Vergleichsmiete erstellt hatte. In zwei Instanzen blieb die
Klage erfolglos, die von der Vermieterin eingelegte Revision zum Bundesgerichtshof war
dagegen erfolgreich.
Entscheidungsgründe
Die Kernfrage des Prozesses, ob das Erhöhungsverlangen unzulässig ist, weil es vermeintlich
auf ein unzureichendes Gutachten gestützt sei, beantwortet der VIII. Senat mit einem klaren
„Nein“. Falsch sei zunächst schon die Annahme des Berufungsgerichts, dass ein Gutachten zur
Begründung eines Mieterhöhungsverlangens eine Darstellung über die Entwicklung der Mieten
in den letzten vier Jahren enthalten müsse. Das verlangten auch die weiteren
Begründungsmittel, die § 558 a BGB gleich berechtigt nebeneinander stellt, nicht. So reiche
zum Beispiel die Benennung von drei Vergleichswohnungen aus. Die Begründung des
Mieterhöhungsverlangens diene nicht dazu, bereits den Nachweis der ortsüblichen
Vergleichsmiete zu führen oder dem Mieter ein etwaiges Prozessrisiko abzunehmen. Das
Begründungserfordernis solle vielmehr den Mieter nur in die Lage versetzen, die Berechtigung
der Mieterhöhung zumindest ansatzweise nachzuvollziehen.
Soweit das Gutachten keinen Zeitpunkt enthalte, zu dem die ortsübliche Vergleichsmiete
ermittelt wurde, sei dies ebenfalls unschädlich, denn es könne sich ja nur um eine aktuelle
Ermittlung handeln.
Ein auf ein Gutachten gestütztes Mieterhöhungsverlangen sei grundsätzlich nicht zu
beanstanden, wenn es Angaben über Tatsachen enthält, aus denen die Mieterhöhung
hergeleitet wird und es dem Mieter ermöglicht, eine eigene Überprüfung vornehmen zu
können und festzustellen, ob der Sachverständige die Wohnung in das örtliche Preisgefüge
zutreffend eingeordnet hat. „Etwaige kleinere Mängel des Gutachtens führen nicht zur
Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens aus formellen Gründen“, betont der BGH in
seinem Urteil. Höhere Anforderungen seien erst an ein zum Nachweis der ortsüblichen
Vergleichsmiete vom Gericht einzuholendes Sachverständigengutachten als Beweismittel zu
stellen.
Anmerkung
In erfreulicher Deutlichkeit macht der BGH Schluss mit übertriebenen Anforderungen vieler
instanzgerichtlicher Urteile an Sachverständigen-Gutachten, die lediglich die Begründung
eines Mieterhöhungsverlangens rechtfertigen sollen. Es reicht also aus, dass ein öffentlich
bestellter und vereidigter Sachverständiger in einem mit Gründen versehenen Gutachten
Angaben zur ortsüblichen Vergleichsmiete macht und die streitige Wohnung in das örtliche
Preisgefüge zutreffend einordnet.