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Gewerbemietvertrag und Minderung: Kann die Minderung formularmäßig ausgeschlossen werden?

(BGH, U. v. 23.4.2008 – XII ZR 62/06)

Der Fall

Der Gewerbemieter mindert aufgrund eines Neubauprojekts die Miete. Der
Vermieter beruft sich auf folgenden, formularmäßig vereinbarten Minderungsausschluss:
„Eine Minderung der Miete ist ausgeschlossen, wenn durch Umstände, die der Vermieter nicht
zu vertreten hat (z.B. Verkehrsumleitung, Straßensperrungen, Bauarbeiten in der
Nachbarschaft usw.) die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird (z.B. Umsatzund
Geschäftsrückgang).“

Rechtlicher Hintergrund

Bisher wurde ganz selbstverständlich angenommen, dass bei der
Gewerbemiete die Minderung sehr weitgehend formularvertraglich ausgeschlossen werden
kann. Sogar ein vollständiger Minderungsausschluss für nicht vom Vermieter zu vertretende
Mängel wurde für zulässig erachtet. Die Gerichte legten derartige Klauseln folgendermaßen
aus: Der Mieter hat zwar die laufende Miete vollständig zu erbringen. Er darf aber später den
überzahlten Betrag – ggf. mit gesonderter Klage – zurückverlangen.

Was sagt das Gericht?

Der BGH hält den vertraglichen Minderungsausschluss für unwirksam
und gibt dem mindernden Mieter Recht. Der BGH bleibt zwar bei seiner Auffassung, dass man
die Mietminderung – in Gestalt des Sofortabzugs von der laufenden Mietzahlung – auch im
Mustervertrag ausschließen darf. Die Ausschlussklausel muss dem Mieter jedoch ausdrücklich
die Möglichkeit erhalten, bei Vorliegen eines Mangels den überzahlten Betrag zurückzufordern.
Denn ein vollständiger und ersatzloser Minderungsausschluss ist unwirksam. Das gilt selbst
dann, wenn – wie hier – der Minderungsausschluss allein Mängel betrifft, die der Vermieter
nicht zu vertreten hat.
Im vorliegenden Fall fehlt es an einem eindeutigen Rückforderungsvorbehalt. Deshalb ist die
Klausel unwirksam.

Praxishinweis

Der vorliegende Fall zeigt, dass alte und „bewährte“ Musterverträge nicht
unkritisch weiterverwendet werden dürfen. Nachdem der BGH die üblichen
Minderungsklauseln „kassiert“ hat, sollte man das zum Anlass nehmen, die Gewerberaum-
Mietverträge einem Fachmann zur Generalüberholung zu geben. Das gilt speziell für
Verwalter. Wenn sie veraltete Mietvertragsformulare verwenden, riskieren sie im Ernstfall
einen Regress.

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