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Formelle Anforderungen einer Eigenbedarfskündigung zu den an eine Eigenbedarfskündigung zu stellenden formellen Anforderungen

(BGH Urteil vom 17.03.2010, Az.: VIII ZR 70/09)

Sachverhalt

Nach dem Erwerb eines Wohnhauses kündigte die neue Vermieterin dem Mieter unter
Berufung auf Eigenbedarf für sich und ihre beiden Kinder. Als Begründung gab sie im
Kündigungsschreiben an, zurzeit selbst zur Miete zu wohnen und zusätzlich für ihre berufliche
Tätigkeit ein separates Büro angemietet zu haben. Das von dem Mieter bewohnte Haus eigne
sich sehr gut, Wohnen und Arbeiten unter einem Dach zu ermöglichen und dadurch die Miete
für die bisherige Wohnung und das Büro einzusparen und sich persönlich um die Betreuung
der Kinder zu kümmern. Die Vermieterin erhob Räumungsklage vor dem zuständigen
Amtsgericht, dieses gab der Klage statt. Das Landgericht als Berufungsgericht hat das Urteil
des Amtsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen, mit der Begründung, die von der
Vermieterin ausgesprochene Kündigung erfülle nicht die Anforderungen des § 573 Abs. 3 BGB
und sei deshalb unwirksam. Die Kündigung habe fälschlicherweise den Eindruck erweckt, bei
dem bisher bewohnten Objekt lägen Wohnraum und Büro nicht unter einem Dach. Damit habe
die Vermieterin ihre bisherige Wohnsituation objektiv unrichtig dargestellt. Die bei einer
Kündigung mitgeteilten Tatsachen müssten jedoch der Wahrheit entsprechen und dürften den
Bedarf nicht dramatisieren.

Rechtlicher Hintergrund

Gemäß § 573 BGB hat der Vermieter die Möglichkeit das Mietverhältnis ordentlich zu
kündigen, dafür benötigt er ein berechtigtes Interesse. Häufigster Fall der ordentlichen
Kündigung durch den Vermieter ist die Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2
BGB.
§ 573 Abs. 3 BGB stellt an eine solche Kündigung jedoch besondere formelle Anforderungen:
Danach sind bei einer ordentlichen Kündigung die Gründe für ein berechtigtes Interesse des
Vermieters in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Zweck dieser Regelung ist, dem Mieter
zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn
dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner
Interessen zu veranlassen. Dafür ausreichend ist laut Bundesgerichtshof in der Regel, wenn
das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von
anderen Gründen unterschieden werden kann. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs seien
daher grundsätzlich die Angabe der Personen, für die die Wohnung benötigt wird, und die
Darlegung des Interesses, das diese Personen an der Erlangung der Wohnung haben,
ausreichend.

Entscheidung

Der BGH hat entgegen dem Landgericht München entschieden, dass die Kündigung den
Anforderungen des § 573 Abs. 3 BGB genügt. Die Vermieterin habe in ihrem
Kündigungsschreiben hinreichend konkret die Gründe für ihr Interesse an der Wohnung
deutlich gemacht und auch angegeben, welche Personen mit ihr dort einziehen sollen. Die
Kündigung sei nicht deshalb formell unwirksam, weil sie den unzutreffenden Eindruck
erwecke, die bisherige Wohnung und das Büro der Klägerin befänden sich nicht unter einem
Dach. Ob dieser Eindruck überhaupt erzeugt worden sei, sei für die formelle Wirksamkeit der
Kündigung ohne Bedeutung. Unrichtige Angaben in der Kündigung könnten zwar dazu führen,
dass die Kündigung materiell unwirksam sei, falls nach dem wirklichen Sachverhalt der
Eigenbedarf nicht bestehe. In diesem Fall sei jedoch nicht erkennbar, inwieweit es für die
Beurteilung des von der Vermieterin geltend gemachten Eigenbedarfs darauf ankommen
könne, ob sich auch bei ihrer jetzigen Wohnung ein separates Büro im selben Gebäude
befindet. Der BGH hat folgerichtig die Sache an das zuständige Landgericht zurückverwiesen,
damit dieses darüber entscheidet, ob der von der Vermieterin geltend gemachte Eigenbedarf
besteht, also ob die Kündigung materiell wirksam ist.

Weiteres Beispiel

Das Landgericht Flensburg (Urteil v. 15.01.2010, Az.: 7 S 26/09) hatte einen Fall zu
entscheiden, bei dem die Vermieterin dem Mieter mit folgender Begründung durch
anwaltliches Schreiben kündigte:

„Unserer Mandantin möchte gemeinsam mit ihrer Familie die Wohnung selbst nutzen
und dort einziehen.“

Diese Kündigung genügt den Anforderungen des § 573 Abs. 3 BGB nicht! Das Landgericht
erklärte die Kündigung für formell unwirksam, weil sie nicht hinreichend begründet war,
sondern es sich lediglich um eine bloße Wiedergabe des Gesetzestextes handelte. Das
Landgericht begründet seine Entscheidung wie folgt: Zur Erreichung des Zwecks des
Begründungserfordernisses – dem Mieter das Interesse des Vermieters erkennbar zu machen
und ihn damit in die Lage zu versetzen, sich gegen das Begehren des Vermieters zu wehren –
sei eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Vielmehr sei der sog.
Tatsachenkern anzugeben, im Falle der Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB also die
Angabe der zukünftigen Nutzer sowie des Grundes für die künftige Nutzung.

Praxishinweis

Wer eine Eigenbedarfskündigung aussprechen möchte, sollte diese ausführlich begründen und
genau angeben, für welche Personen der Eigenbedarf geltend gemacht wird, wofür die
Wohnung benötigt wird respektive wie diese genutzt werden soll. Im Zweifel sollte die
Begründung eher umfangreicher sein, um zu vermeiden, dass die Eigenbedarfskündigung
schon formell unwirksam ist.

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