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Die vorzeitige Abberufung eines Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft wegen gravierender Pflichtverletzungen mit der Folge, dass den Wohnungseigentümern eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann, führt im Regelfall dazu, dass eine materiell-rechtliche Ermächtigung zu einem Forderungseinzug erlischt.

BGH, Urteil 20.01.2012, Az. V ZR 55/11

Sachverhalt

Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft erwirkt mehrere Zahlungstitel gegen
einzelne Wohnungseigentümer wegen rückständiger Wohngelder. Durch rechtskräftigen
Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom August 2008 wird der Verwalter mit Wirkung zum
01.10.2008 als Verwalter abberufen. Die Entscheidung ist damit begründet, dass den
Wohnungseigentümern aufgrund gravierender Pflichtverletzung eine weitere Zusammenarbeit
mit dem Verwalter nicht mehr zumutbar sei. Die Zahlungstitel sind vor dem 01.10.2008
erstritten. Mit Einverständnis der neuen Verwalterin betreibt der abberufene Verwalter die
Zwangsvollstreckung aus den Zahlungstiteln. Die verurteilten Wohnungseigentümer erheben
Zwangsvollstreckungs-gegenklage.

Entscheidung

Der BGH bestätigt, dass die Vollstreckungsgegenklage der statthafte Rechtsbehelf ist. Die
Wohnungseigentümer machen geltend, dass mit der Beendigung der Verwaltertätigkeit
zugleich die materielle Berechtigung des Verwalters entfallen ist, die für die
Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemachten Forderungen einzuziehen. Zwar sei der
Verwalter als Gläubiger der Vollstreckungstitel berechtigt, die darin zuerkannten, materiellrechtlich
der Wohnungseigentümergemeinschaft zustehenden Ansprüche im eigenen Namen
zu vollstrecken. Die Vollstreckung erweise sich aber als unzulässig, sofern den Ansprüchen
eine nach § 767 Abs.1 ZPO beachtliche materiell-rechtliche Einwendung entgegengesetzt
werden könne.

Das ist vorliegend der Fall: Dem Verwalter sei zwar nach dem Verwaltervertrag die
Berechtigung eingeräumt, rückständige Wohngelder im eigenen Namen gegen einzelne
Wohnungseigentümer geltend zu machen. Damit sei er – auch – materiell ermächtigt, in
einem solchen Verfahren Leistung an sich selbst zu verlangen. Die Einzugsermächtigung sei
aber durch die gerichtliche Abberufung entfallen. Beruht die Abberufung auf gravierenden
Pflichtverletzungen, bleibt nach der Auffassung des BGH für die Annahme, dass der Verwalter
auch nach Ausscheiden zu einem Forderungseinzug ermächtigt sein kann, kein Raum. Er darf
dann keine Gelder mehr für die Gemeinschaft entgegennehmen. Auch ein etwa erteiltes
Einverständnis der neuen Verwalterin erweist sich insoweit als unerheblich. Auch die
Tatsache, dass die Abberufung des Verwalters nicht auf einen Beschluss der
Wohnungseigentümerversammlung, sondern auf einem gerichtlichen Beschluss beruhe, stehe
dem Erlöschen der Einzugsermächtigung nicht entgegen.

Fazit

Über das Vollstreckungsverfahren hinaus ergeben sich aus dieser Entscheidung Folgen für den
Forderungseinzug durch den Verwalter. Wird der Verwalter wegen gravierender
Pflichtverletzung durch Beschluss oder durch Urteil abberufen und ist den
Wohnungseigentümern eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten, ist aus der
Entscheidung zu folgern, dass Einziehungsermächtigungen entfallen. Dies gilt auch dann,
wenn die Anfechtungsklage durch den Verwalter oder weitere Wohnungseigentümer gegen
den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung erhoben werden sollte.

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