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Die Haftung des Immobiliensachverständigen

Wenn der Immobiliensachverständige bei der Erstellung eines Gutachtens Fehler macht,
entstehen nicht selten Schäden in horrender Höhe und es stellt sich die Frage, ob und
inwieweit er dafür haftet. Es ist daher gleichermaßen für den durch ein fehlerhaftes Gutachten
Geschädigten als auch für den Sachverständigen selbst wichtig zu wissen, welche gesetzlichen
Voraussetzungen für eine Haftung bestehen. Dabei ergeben sich unterschiedliche
Haftungsvoraussetzungen für den gerichtlich bestellten Sachverständigen in einem
Rechtsstreit und den außergerichtlich beauftragten Privatgutachter.

Der gerichtlich bestellte Sachverständige

Die Haftung für gerichtliche Sachverständige ist geregelt in § 839a BGB und unterliegt hohen
Anforderungen. Die Vorschrift lautet:

„Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob
fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens
verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche
Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.“

Folgende Voraussetzungen für eine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a
BGB müssen also erfüllt sein:
(1) Der Sachverständige muss von einem Gericht ernannt sein. Der Sachverständige
muss also in einem Rechtsstreit von einem Gericht mit der Erstattung eines Gutachtens
beauftragt sein. Dies gilt beispielsweise auch für die Beauftragung eines
Wertermittlungsgutachtens im Zwangsversteigerungsverfahren (BGH III ZR 345/12).

(2) Der Sachverständige muss ein unrichtiges Gutachten erstattet haben. Entscheidend
für die Feststellung der Unrichtigkeit ist letztlich immer der Inhalt des Auftrages. In allen
Fällen muss das Gutachten von dem zuständigen Sachverständigen persönlich erstellt,
systematisch aufgebaut, übersichtlich gegliedert, nachvollziehbar begründet und auf das
Wesentliche konzentriert sein. Kommen für die Beantwortung der gestellten Fragen mehrere
Antworten ernsthaft in Betracht, so hat der Sachverständige diese darzulegen und den Grad
der Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der einen oder anderen Antwort gegeneinander
abzuwägen.

(3) Der Sachverständige muss das unrichtige Gutachten vorsätzlich oder
grobfahrlässig
erstattet haben. Einfache (leichte Fahrlässigkeit) reicht nicht aus, worin eine
besondere Hürde dieser Haftungsnorm liegt. Vorsatz ist gegeben, wenn der Sachverständige
wusste, dass er ein unrichtiges Gutachten erstattet und dies wollte oder zumindest billigend in
Kauf nahm. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Sachverständige die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, d.h. dass er einfache, ganz
naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was in der
gegebenen Situation jedermann hätte einleuchten müssen. Die Sorgfalt wird daran gemessen,
wie sich ein ordentlicher, normal veranlagter und gewissenhafter Sachverständiger bei der
Erledigung eines solchen Gutachtenauftrags verhalten würde.

(4) Einem Verfahrensbeteiligten muss ein Schaden entstanden sein. In Frage kommen
nicht nur Verletzungen des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit und anderer absoluter
Rechtsgüter, sondern auch Vermögensschäden. Verfahrensbeteiligte und damit
Anspruchsberechtigte können sein: die Prozessparteien, Streitverkündete oder Bieter im
Zwangsversteigerungsverfahren.

(5) Der Schaden muss weiter durch eine gerichtliche Entscheidung verursacht worden sein, die auf dem unrichtigen Gutachten beruht. Wird ein Verfahren beispielsweise durch einen Vergleich beendet, bei dem beide Prozessparteien von dem Ergebnis des fehlerhaften Gutachtens ausgehen, liegt keine gerichtliche Entscheidung vor und es gibt keinen Schadensersatzanspruch nach § 839a BGB. Zusätzlich muss der Geschädigte die erforderliche Kausalität nachweisen, dass das Urteil auf dem fehlerhaften Gutachten beruht. Wird zwar ein Gutachten eingeholt, im Urteil aber nicht berücksichtigt, weil das Gericht sein Votum auf andere Umstände (z.B. Zeugenaussagen, Urkunden) stützt, beruht das Urteil gerade nicht auf dem Gutachten. Nachrangige Haftung: Der Sachverständige kann erst dann in Anspruch genommen werden, wenn der Geschädigte zuvor den möglichen Instanzenzug durchlaufen hat. Das ergibt sich aus der Bezugnahme in § 839a Abs. 2 BGB auf § 839 Abs. 3 BGB. Danach tritt die Ersatzpflicht dann nicht ein, wenn es der Geschädigte – vorsätzlich oder fahrlässig – unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Der durch das unrichtige Gutachten Geschädigte muss also zunächst alle möglichen Rechtsmittel ausschöpfen, bevor er den Sachverständigen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann. Der Begriff „Rechtsmittel“ ist dabei weit zu verstehen. Dazu gehören auch Anträge auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit und auf Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens. Die Darstellung der Haftungsvoraussetzungen zeigt, dass die Hürde für eine Haftung des gerichtlichen
Sachverständigen relativ hoch ist. Daher sind auch die Fälle, in denen eine Haftung nach §
839a BGB bejaht wird, ziemlich rar.

Der privat beauftragte Sachverständige

Als Privatgutachter haftet der Sachverständige nach den Regeln des Werkvertragsrechts
gemäß §§ 631 ff BGB. Das heißt, der Sachverständige muss sein Gutachten mangelfrei
erstellen, während der Auftraggeber die vereinbarte Vergütung zu entrichten hat. Ob ein
Mangel vorliegt, richtet sich zunächst einmal nach den Vereinbarungen im Gutachtervertrag.
Von daher ist dem Sachverständigen nur dringend zu raten, den Begutachtungsauftrag und –
zweck so konkret wie möglich vertraglich festlegen, denn je weiter der Auftrag gefasst ist
(„Prüfung, ob das Bauwerk unter Mängeln leidet“), umso größer ist das Haftungsrisiko. Von
daher sollten die Prüfaufträge möglichst präzise und konkret vereinbart werden. Zudem kann
auch der Privatgutachter eine Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausschließen, dies muss
allerdings explizit individualvertraglich vereinbart werden. Die Rechtsfolgen des Mangels für
den Besteller richten sich nach § 634 BGB: Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung,
Schadensersatz, Selbstvornahme.

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