Der Erlass einer einstweiligen Verfügung nach § 940 a Abs. 2 ZPO auf Räumung gegen einen unbekannten Dritten, der im Besitz der Mietsache ist, findet auf Gewerberäume keine entsprechende Anwendung.
OLG Celle, Beschluss vom 24.11.2014; Az. 2 W 237/14
Sachverhalt/Problem
Der Vermieter erwirkt gegen den Mieter gewerblicher Räume einen Räumungstitel. Als der
Gerichtsvollzieher räumen will, legt ihm eine dritte Person einen Untermietvertrag mit dem
Mieter vor und erklärt an Eides statt, sie habe den alleinigen Besitz an den Räumlichkeiten
und nutze diese als private Büroräume. Da ein Titel nur gegen den Mieter, nicht aber gegen
den bis dato unbekannten Dritten vorliegt kann der Gerichtsvollzieher nicht räumen. Der
Vermieter fordert den Dritten erfolglos zur Räumung auf und beantragt schließlich den Erlass
einer einstweiligen Räumungsverfügung.
Gesetzeswortlaut § 940 a Abs. 2 ZPO:
„Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung auch gegen
einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn
gegen den Mieter ein vollstreckbares Räumungsurteil vorliegt und der
Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der
mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.“
Entscheidung
Der Antrag wurde auch in der Beschwerdeinstanz zurückgewiesen. Nach dem eindeutigen
Gesetzeswortlaut sei die Vorschrift nur auf Mietverhältnisse über Wohnraum anwendbar. Die
Frage, ob eine analoge Anwendung der Norm rechtspolitisch sinnvoll wäre, weil die
Missbrauchsfälle in der Gewerberaummiete genauso vorkommen würden wie in der
Wohnraummiete, sei unerheblich. Angesichts der Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung
müsse eine analoge Anwendung ausscheiden. Eine planwidrige Regelungslücke als
Voraussetzung für einen Analogieschluss käme nicht in Betracht. Der Gesetzgeber habe das
Problem gesehen und den Anwendungsbereich dennoch nur auf Wohnraummietverhältnisse
beschränkt. Auch eine Verfügung nach den herkömmlichen Regelungen im Eilverfahren wird
abgelehnt. Einstweilige Verfügungen, die bereits zu einer uneingeschränkten Befriedigung des
Hauptsacheanspruches führten, seien nur ganz ausnahmsweise zulässig, da die einstweilige
Verfügung den Hauptsacheprozess nicht ersetzen dürfe. Ein dringendes Bedürfnis für den
Erlass der begehrten Verfügung bestehe nicht.
Praxishinweis
Die Rechtsauffassung des OLG Celle entspricht der herrschenden Meinung. Anders hatte das
Landgericht Hamburg mit Urteil vom 27.06.2013 – 334 O 104/13 – die Anwendung auch auf
Gewerberaummietverhältnisse bejaht. Auch mit der Entscheidung des OLG Celle sollte
allerdings davon ausgegangen werden, dass es bei dieser Einzelfallentscheidung bleibt und
eine entsprechende Anwendung von den Gerichten abgelehnt wird. Die Aufnahme der
Vorschrift mit dem Mietrechtsänderungsgesetz zum 01.05.2013 für
Wohnraummietverhältnisse war deswegen so entscheidend, weil die Räumungsvollstreckung
anderenfalls selbst dann verhindert werden konnte, wenn der Verdacht bestand, dem Dritten
sei der Besitz nur zur Vereitelung der Zwangsräumung eingeräumt worden.