BGH entscheidet über die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung im Wohnraummietrecht
BGH, Urteil vom 05.10.2016, Az. VIII ZR 222/15
Zahlungsausführung bis dritten Werktag ausreichend
§ 556b Abs. 1 BGB bestimmt, dass die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der vereinbarten Zeitabschnitte zu entrichten ist. Auch in den meisten Mietverträgen ist eine entsprechende Fälligkeitsregelung ausdrücklich vereinbart. In der Instanzrechtsprechung und der juristischen Literatur war bislang umstritten, ob es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung darauf ankommt, dass der Mieter bis zum dritten Werktag den Überweisungsauftrag erteilt hat oder ob das Geld bis dahin bereits auf dem Konto des Vermieters eingegangen sein muss. Die Gerichte beriefen sich zur Begründung der letzteren Auffassung auf die Anwendbarkeit der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr auf Verbraucherverträge (OLG Karlsruhe, Az. 7 U 177/13; LG Freiburg, Az. 9 S 109/14; LG Lüneburg, Az. 6 S 10/14; LG Wuppertal, Az. 9 S 149/08). Der BGH hatte diese Frage bislang offen gelassen (BGH, VIII ZR 129/09). Mit der jetzt vorliegenden Entscheidung hat der BGH hierzu nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass die vorgenannte EU-Richtlinie auf Wohnraummietverträge keine Anwendung findet und es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung im Überweisungsverkehr nicht darauf ankommt, dass die Miete bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts auf dem Konto des Vermieters eingegangen ist. Es genügt, dass der Mieter – bei ausreichend gedecktem Konto – seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts erteilt!
Auch formularvertragliche Rechtzeitigkeitsklauseln sind unwirksam
Der Mietvertrag in dem zugrunde liegenden Fall enthielt zusätzlich die folgende Klausel:
„Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den
Eingang des Geldes an. Aus mehrfach verspäteter Mietzahlung kann der Mieter keine
Rechte herleiten; vielmehr kann dies im Einzelfall ein Grund für eine Kündigung des
Mietverhältnisses sein […].“
Derartige Klauseln in Wohnraummietverträgen, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung
auf den Zeitpunkt des Eingangs des Geldes auf dem Konto des Vermieters und nicht auf die
Zahlungshandlung des Mieters ankommt, hat der BGH nunmehr für ungültig erklärt. Die
Klausel lege dem Mieter damit auch ein etwaiges Fehlverhalten der Bank auf. Dies
benachteilige den Mieter unangemessen.
Empfehlung für die Praxis
Der Vermieter kann nach dieser Entscheidung nicht mehr davon ausgehen, dass der Mieter sich im Zahlungsverzug befindet, sobald der dritte Werktag ohne Zahlungseingang verstrichen ist. Für den beabsichtigten Ausspruch einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann dem Vermieter deshalb nur geraten werden, mindestens noch einen weiteren Werktag abzuwarten. Im Normalfall dauert eine inländische Banküberweisung einen Werktag. Da dem Vermieter jedoch regelmäßig nicht bekannt ist, wie lange die Bank für die Ausführung der Überweisung tatsächlich benötigt, besteht eine Rest-Unsicherheit, der der Vermieter nur dadurch begegnen kann, dass er den Mieter mit Ausspruch der Kündigung auffordert, einen Nachweis für die rechtzeitige Auftragserteilung für die Überweisung vorzulegen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass nach gefestigter BGH-Rechtsprechung (VIII ZR 129/09 und VIII ZR 291/09) bei der Berechnung der Zahlungsfrist der Samstag nicht mitgezählt wird. Darüber hinaus sollten die Rechtzeitigkeitsklauseln in den Mietverträgen eine Einschränkung dahingehend erhalten, dass das Risiko von Zahlungsverzögerungen im Überweisungsverkehr, die durch Zahlungsdienstleister verursacht worden sind, von der Regelung ausgenommen sind. Die vorliegende BGH-Entscheidung betrifft (bislang) nur Wohnraummietverhältnisse. Für Geschäftsräume hat der BGH in einem Urteil vom 24.6.1998 (XII ZR 195/96) eine Formularklausel, nach der es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung ohne jede Einschränkung auf den Geldeingang beim Vermieter ankommt, gebilligt.