Anspruch des Mieters auf zweiten Tiefgaragenschlüssel. Um einen barrierefreien Zugang zu ihrer Wohnung zu haben, können Mieter die Überlassung eines zweiten Tiefgaragenschlüssels von dem Vermieter verlangen und bei einer Weigerung des Vermieters die Miete mindern.
(LG Bonn, Urteil vom 01.02.2010- Az. 6 S 90/09)
Der Fall
Ein Ehepaar mietet eine Wohnung mit zugehörigem Tiefgaragenstellplatz.
Mietvertraglich ist festgeschrieben, dass die Mieter einen Anspruch auf Aushändigung der zur
Nutzung der Mietsache notwendigen Schlüssel haben. Zusätzliche Schlüssel bedürfen jedoch
der Einwilligung des Vermieters. Der einzige barrierefreie Wohnungszugang führt durch die
Tiefgarage. Nach Geburt ihres zweiten Kindes bitten die Mieter um einen zweiten Schlüssel für
die Tiefgarage. Mit der Begründung, er könne lediglich einen Schlüssel je vermietetem
Stellplatz herausgeben, um zu verhindern, dass die Mieter mehr Fahrzeuge in der Tiefgarage
abstellen, als ihnen vertraglich zustehe, verweigert der Vermieter die Herausgabe des
Schlüssels. Als die Mieter daraufhin die Miete mindern, erhebt der Vermieter Klage auf
Zahlung des gekürzten Betrages.
Rechtlicher Hintergrund
Die wichtigste Pflicht des Vermieters aus dem Mietvertrag ist die
Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs der Mietsache nach § 535 Abs. 1 S.1 BGB Als
Gegenleistung schuldet der Mieter ihm die Zahlung der Miete. Wenn der Vermieter den
Mietgebrauch nicht oder nicht vollständig gewährt, hat der Mieter neben dem Recht, Klage auf
Erfüllung der Vermieterpflichten zu erheben, auch das Recht, die Miete zu mindern, da die
Leistung des Vermieters dann mangelhaft ist.
Was sagt das Gericht?
Nach Ansicht des Landgericht Bonn ist eine Minderung von 5% der
Bruttowarmmiete berechtigt. Der Vermieter sei verpflichtet, den Mietern eine für ihre Zwecke
ausreichende Anzahl an Schlüsseln zu überlassen. Diese Pflicht bestehe jedoch nur, soweit
dem keine Interessen des Vermieters entgegenstehen, welche als höherrangig einzuschätzen
seien. Bei einer Mehrzahl an Mietern habe jeder Mieter für sich das Recht, den angemieteten
Stellplatz zu nutzen. Diese Nutzungsmöglichkeit setze voraus, dass jeder Mieter die
Möglichkeit des Zugangs zu der Tiefgarage habe, andernfalls seien die Mieter gezwungen,
einen unangemessen hohen Organisationsaufwand zu betreiben, um jeweils demjenigen, der
die Tiefgarage gerade nutzen wolle, den Schlüssel zu übergeben. Auch sei nicht nur die
Nutzung der Tiefgarage, sondern auch die Wohnungsnutzung beeinträchtigt, da die Wohnung
anders nicht ohne eine Treppe zu erreichen sei.
Praxishinweis
In der vorliegenden Fallkonstellation hat das Gericht richtig entschieden, da
es die Argumentation des Vermieters aufgrund der Einschränkung der Tiefgaragennutzung
verwerfen konnte. Fraglich ist hingegen, wie der Fall entschieden worden wäre, wenn den
Mietern bei Mietbeginn zwei Chipkarten ausgehändigt worden wären, welche so programmiert
gewesen wären, dass der Zugang zu der Tiefgarage zwar beiden, aber nicht beiden Mietern
gleichzeitig möglich gewesen wäre. In dem Fall hätte das Gericht sich wohl nicht auf das
Recht beider Mieter berufen können, die Tiefgarage „als Durchgang“ zur Wohnung zu nutzen,
da ein Austausch der Karte bzw. des Schlüssels nicht mehr nötig gewesen wäre. Der
Vermieter hätte dann ein schutzwürdiges Interesse gehabt, zu verhindern, dass die Mieter
mehr als den einen ihnen zustehenden Stellplatz nutzen. Dann hätte das Gericht die
Kernfrage des Falls zu beantworten gehabt: Haben Mieter einen Anspruch darauf, eine
Wohnung barrierefrei erreichen zu können, obgleich ihnen vertraglich keine Barrierefreiheit
zugesichert worden ist? Oder ist der Wohnungszugang über die Tiefgarage nur dazu da, die
Wohnung nach Abstellen des Wagens problemlos zu erreichen? Vieles würde für die zweite
Variante sprechen, da eine Einschränkung der Wohnungsnutzung nicht gegeben wäre.