Gewerberaummietrecht

Änderung der Nebenkostenvorauszahlungen unterliegt dem Schriftformerfordernis

  1. Die Änderung der im Mietvertrag vereinbarten Nebenkostenvorauszahlung stellt unabhängig von ihrer relativen oder absoluten Höhe eine wesentliche und – jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann – dem Formzwang des § 550 S. 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar.
  2. Hat der frühere Vermieter an einer schriftformschädlichen Änderungsvereinbarung mitgewirkt, kann sich der Erwerber des Grundstückes, der in die Vermieterstellung eingerückt ist, gegenüber dem Mieter grundsätzlich auch dann auf den dadurch herbeigeführten Formmangel des Mietvertrages berufen, wenn dies dem früheren Vermieter nach Treu und Glauben verwehrt gewesen wäre.

BGH, Beschluss vom 14.05.2025; XII ZR 88/23

Der Käufer eines gewerblich genutzten Grundstückes kündigt ein zeitlich befristetes Gewerberaummietverhältnis und führt an, dass das Vertragsverhältnis aufgrund eines Schriftformmangels vorzeitig kündbar ist. Der Schriftformverstoß sei entstanden, da der vorherige Eigentümer mit dem Mieter eine Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen vereinbart habe, ohne dass ein schriftlicher Nachtrag hierüber geschlossen wurde. Der Mieter meint, dass ein erheblicher Schriftformverstoß nicht vorliege und das Berufen auf die Verletzung der gesetzlichen Schriftform jedenfalls treuwidrig sei.
Der Mieter wird in I. und II. Instanz zur Herausgabe der Mietsache verpflichtet. Der Mieter verfolgt seine Rechtsauffassung mit der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof weiter.

Ohne Erfolg! Der für das Gewerberaummietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes lässt die Revision gegen das Berufungsurteil nicht zu und bestätigt die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass die Nebenkostenvorauszahlungen einen wesentlichen Bestandteil der laufenden Mietzahlung darstellen und eine Vereinbarung über die Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen dem bis zum 31.12.2024 geltenden gesetzlichen Schriftformerfordernis unterlag. Die Vereinbarung der erhöhten Nebenkostenvorauszahlungen war wirksam, führte jedoch zu einer Kündbarkeit des auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnisses aus § 550 BGB.
Der BGH betont, dass das Schriftformerfordernis insbesondere den Interessen eines potentiellen Grundstückserwerbers dient und dieser zuverlässig erkennen können muss, ob in dem Mietverhältnis kündigungsrelevante Zahlungsrückstände bestehen. Dies erfordert eine schriftliche Dokumentation über die Vereinbarungen zur Miethöhe. Das schutzwürdige Interesse eines Grundstückserwerbers beziehe sich daher auch auf die Dokumentation der Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen und nicht lediglich auf die Dokumentation die Nebenkostenvorauszahlungen etwaig herabsetzender Vereinbarungen.
Da die Vereinbarung über die Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen ausschließlich für den Vermieter günstig war, wäre der vorherige Grundstückseigentümer dem Einwand der Treuwidrigkeit bei einem Berufen auf den Schriftformverstoß ausgesetzt. Hier hat indes der Erwerber von der gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit aus § 550 BGB Gebrauch gemacht. Der Senat stellt klar, dass der Erwerber nicht an der schriftformschädlichen Änderungsvereinbarung selbst mitgewirkt habe und daher ein treuwidriges Handeln bereits grundsätzlich nicht gegeben sein kann. Der Umstand, dass der Vermieter durch den Schriftformverstoß begünstigt wird, rechtfertigt den Vorwurf einer Treuwidrigkeit gegenüber dem Erwerber nicht.

Der Bundesgerichtshof setzt die bisherige Rechtsprechungslinie fort, dass Vereinbarungen zur Miethöhe stets als wesentlich anzusehen sind und bei einer Wirkungsdauer von mehr als einem Jahr ohne schriftliche Dokumentation zu einer Kündbarkeit des Vertragsverhältnisses aus § 550 BGB geführt haben.
Seit dem 01.01.2025 gilt in Gewerberaummietverhältnissen, dass ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr nicht in Textform geschlossen wird, als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt, § 578 Abs. 1 S. 2 BGB. Mit dieser Maßgabe tritt mithin eine Kündbarkeit von Mietverhältnissen ein, die nicht der gesetzlichen Textform genügen. Bei einer mündlichen oder konkludenten Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen gelten mithin die von dem Bundesgerichtshof aufgezeigten Grundsätze bei einer Verletzung der Textform entsprechend. Lediglich die Vereinbarung von erhöhten Nebenkostenvorauszahlungen per E-Mail oder anderen digitalen Medien führt nach der Neuregelung nicht mehr zu einer Kündbarkeit des gewerblichen Mietverhältnisses.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner