Wiederauffüllung der Mietkaution bei Insolvenz des Mieters
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters ist die für ein Mietverhältnis geleistete Barkaution Bestandteil der Insolvenzmasse, die Verfügungsbefugnis über die Sicherheitsleistung verbleibt jedoch bei dem Vermieter. Der Vermieter kann die vertraglich vereinbarte Wiederauffüllung der Kaution nach der Aufrechnung gegen Insolvenzforderungen beanspruchen.
LG Lübeck, Urteil vom 26.11.2024; 17 U 49/24
Sachverhalt
In einem Gewerberaummietverhältnis kommt es zu einem Zahlungsverzug mit den Mieten für die Monate Juli und August 2023 und am 01.09.2023 wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters in Eigenverwaltung eröffnet. Der Mieter übt sodann das insolvenzrechtliche Sonderkündigungsrecht aus, das zu einer Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2023 führt. Eine Herausgabe der Mietsache bleibt hingegen zunächst aus und erfolgt erst nach Ablauf des 1. Quartals 2024.
Der Mieter führt ein Insolvenzplanverfahren durch und der Insolvenzplan sieht eine Quote von 2,6 % für die Insolvenzgläubiger vor. Der Insolvenzplan wird durch das Insolvenzgericht genehmigt und das Insolvenzverfahren aufgehoben.
Der Vermieter rechnet hingegen die in dem Mietverhältnis geleistete Barkaution gegen die offenen Mieten aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf, beansprucht die Zahlung der nicht geleisteten Nutzungsentschädigung für den Monat März 2024 und fordert ferner die Wiederauffüllung der durch Verrechnung reduzierten Mietsicherheit. Er macht ferner geltend, dass aufgrund der fest vereinbarten Vertragslaufzeit durch die Ausübung des insolvenzrechtlichen Sonderkündigungsrechts ein Mietausfallschaden in einem Umfang von rund 3,2 Mio. € droht.
Der Mieter erklärt sodann seinerseits eine Aufrechnung der Mietsicherheit gegen die unbezahlte Nutzungsentschädigung für den Monat März 2024 und fordert die Auszahlung der restlichen Sicherheitsleistung zu seinen Gunsten. Die wechselseitig geltend gemachten Forderungen stehen sich als Klage und Widerklage in dem Rechtsstreit gegenüber.
Entscheidung
Das Landgericht Lübeck verurteilt den Mieter zur Zahlung der Nutzungsentschädigung für den Monat März 2024 und verpflichtet den Mieter ferner, die Mietsicherheit wieder auf den ursprünglichen Betrag in Höhe von 90.000,00 € aufzufüllen. Die Widerklage des Mieters wird vollen Umfangs abgewiesen.
Das Landgericht Lübeck bestätigt zunächst, dass die geleistete Barkaution Bestandteil der Insolvenzmasse ist, es handelt sich jedoch nicht um ein freies Vermögen des insolventen Mieters, vielmehr haftet der Kaution die Sicherungsabrede an, die auch in dem Insolvenzverfahren Bestand hat. Der Mieter hat mithin keinen eigenen Zugriff auf die Kaution und ist insbesondere nicht zur Aufrechnung berechtigt. Der Anspruch auf Wiederauffüllung der durch die wirksame Aufrechnung des Vermieters reduzierten Mietsicherheit ist ebenfalls insolvenzfest. Der Vermieter muss sich hinsichtlich der Insolvenzforderungen in Gestalt der rückständigen Mieten nicht auf die Quote des Insolvenzplans verweisen lassen, vielmehr kann durch den Vermieter eine wirksame Verrechnung mit der Barkaution erklärt werden. Ob während des laufenden Insolvenzverfahrens ein Anspruch auf Wiederauffüllung der Kaution durchsetzbar ist, lässt das Landgericht Lübeck offen. Nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem fortbestehenden Sicherungsbedürfnis des Vermieters kann jedoch die Wiederauffüllung der Sicherheitsleistung geltend gemacht werden. Der Anspruch auf Wiederauffüllung der Kaution ist nicht auf die Quote aus dem Insolvenzplan beschränkt, da dies zu einer systemwidrigen Verkürzung der Sicherheitsleistung führten würde. Das Landgericht Lübeck betont in diesem Zusammenhang, dass die Mietsicherheit nicht vorrangig der Befriedigung von offenen Forderungen dient, sondern der Sicherung des Vermieters und das Sicherungsinteresse entfiele bei einer nur quotalen Wiederauffüllung der Kaution. Weiter stellt das Landgericht Lübeck fest, dass der Kautionsauffüllungsanspruch auch keine Masseforderung darstellt, da die Sicherheitsleistung nicht Bestandteil eines wechselseitigen Leistungsaustausches ist. Der vertraglich vereinbarte Anspruch auf Wiederauffüllung der Kaution ist mithin unbeschadet des Insolvenzplanverfahrens weiterhin gegeben, der Kautionsauffüllungsanspruch geht in dem Insolvenzplanverfahren nicht unter.
Folgerichtig konnte die Widerklage des insolventen Mieters keinen Erfolg haben.
Fazit
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bisher nicht abschließend geklärt, wie mit Barkautionen in dem Insolvenzverfahren umzugehen ist, insbesondere wenn die Insolvenzgläubiger und das Insolvenzgericht einen Insolvenzplan genehmigen und dem insolventen Mieter eine Fortführung des Geschäftsbetriebes damit eröffnen. Die Entscheidung des Landgerichts Lübeck stellt klar, dass dem Vermieter die vor der Insolvenz geleistete Kaution zur Verrechnung auf offene Forderungen zur Verfügung steht und es alleinig Sache des Vermieters ist, zu entscheiden, auf welche Forderungen die Sicherheitsleistung angerechnet werden soll. In dem Umfang der Verrechnung entsteht sodann der mietvertraglich vereinbarte Kautionsauffüllungsanspruch, so dass die wiederhergestellte Sicherheitsleistung gegen offen gebliebene Masseforderungen und auf den Mietausfallschaden angerechnet werden kann.