Wohnungseigentumsrecht

Keine baulichen Veränderungen ohne Gestattungsbeschluss

  1. Ein Wohnungseigentümer, der eine bauliche Veränderung ohne erforderlichen Gestattungsbeschluss vorgenommen hat, kann dem Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB nicht entgegenhalten, dass ihm ein Anspruch auf Genehmigung der baulichen Veränderung zustehen würde.
  2. Wird ein Wohnungseigentümer auf Unterlassung oder Beseitigung einer nicht gestatteten baulichen Veränderung in Anspruch genommen und verlangt er im Wege der Widerklage einen Beschluss über die Gestattung der baulichen Veränderung zu ersetzen (Beschlussersetzungsklage), so steht dieser Widerklage das Gebot der Vorbefassung durch die Eigentümerversammlung regelmäßig nicht entgegen.
  3. Bedarf der widerklagend geltend gemachte Erstattungsanspruch näherer Aufklärung, hat in der Regel ein Teilurteil über den entscheidungsreifen Beseitigungsanspruch zu unterbleiben; dagegen kann über eine Unterlassungsklage, mit der lediglich der Beginn oder die Fortsetzung einer nicht gestatteten baulichen Veränderung unterbunden werden soll, regelmäßig vorab durch Teilurteil entschieden werden.

BGH, Urteil vom 21.03.2025; V ZR 1/24

Die Beklagte ist Teileigentümerin einer Gewerbeeinheit einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Objekt ist verpachtet. Die Pächter beabsichtigten dort eine Shisha-Bar zu betreiben und haben in der Gewerbeeinheit eine tragende Wand abgerissen, was zu einem zwischenzeitlichen Baustopp durch das Bauaufsichtsamt führte. Ein Jahr später ließen die Pächter zwecks Installation einer Lüftungsanlage und Verlegung von Kabeln und einer Abwasserleitung die Deckenplatte zwischen der Gewerbeeinheit und dem Keller sowie mehrfach die Fassade durchbohren. Außergerichtliche Aufforderungsschreiben zur Unterlassung der Maßnahmen verliefen erfolglos. Die Arbeiten konnten zunächst nur durch eine einstweilige Verfügung gestoppt werden. Im Juni 2022 nahm die Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE) die Teileigentümerin auf Wiederherstellung des Gemeinschaftseigentums in Anspruch. Eine Genehmigung der baulichen Maßnahmen wurde in der durchgeführten Eigentümerversammlung abgelehnt. Die Teileigentümerin hat sodann beim Amtsgericht eine Beschlussersetzungsklage erhoben. Dieses Verfahren ruht. Die Klage auf Verurteilung zur Wiederherstellung des Gemeinschaftseigentums hatte Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Beklagte weiterhin ihre Klageabweisungsanträge.

Der BGH bestätigt die Entscheidung des Landgerichts zumindest überwiegend. Den vermietenden Wohnungseigentümer (hier: die Beklagte als Teileigentümerin) trifft eine Haftung als mittelbarer Handlungsstörer für die von dem Mieter ohne erforderlichen Gestattungsbeschluss vorgenommenen baulichen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums, wenn er die baulichen Veränderungen erlaubt hat, wenn er mit baulichen Veränderungen wegen einer von dem Mieter angekündigten Nutzungsabsicht rechnen muss und den Mieter gleichwohl nicht auf das Erfordernis eines vorherigen Gestattungsbeschlusses hinweist oder wenn er es unterlässt, gegen den Mieter einzuschreiten, nachdem er Kenntnis von der Vornahme der baulichen Veränderungen erlangt hat. Der BGH bejaht auch eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung durch die baulichen Veränderungen, weil kein Gestattungsbeschluss der GdWE vorliegt. Es ist also nicht ausreichend (so noch die alte Rechtslage), dass den Beklagten möglicherweise ein Anspruch auf Genehmigung der baulichen Veränderung zusteht. Ein Wohnungseigentümer, der eine nicht in der Gemeinschaftsordnung gestattete bauliche Veränderung durchführen will, hat einen Gestattungsbeschluss gegebenenfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage herbeizuführen, bevor mit der Baumaßnahme begonnen wird. Das gilt auch dann, wenn kein anderer Eigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt sei. Um dem Anspruch auf Beseitigung doch noch etwas entgegen zu setzen, skizziert der BGH die Möglichkeit einer auf Beschlussersetzung gerichteten Widerklage. Diese sei prozessökonomisch und würde dazu führen, dass alle im Zusammenhang mit der rechtswidrigen baulichen Veränderung streitigen Fragen zeitnah in einem Verfahren geklärt würden. Der Erhebung der Widerklage würde insbesondere auch nicht das Gebot der Vorbefassung durch die Eigentümerversammlung entgegenstehen, denn durch die gerichtliche Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs wird der entgegenstehende Mehrheitswille hinreichend deutlich und die Befassung der Versammlung wäre unnötige Förmelei.

Der BGH hatte darüber im Hinblick auf einen geltend gemachten Unterlassungsanspruch bereits mit Senatsurteil vom 17.03.2023; V ZR 140/22 entschieden, aber offengelassen ob dies auch bei bereits fertiggestellten Maßnahmen gelten würde. Mit der hier vorgestellten Entscheidung bestätigt er die rechtliche Beurteilung auch für diese Fallkonstellation.

Seite drucken
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner