Beschlussfassung über die Vor- und Nachschüsse
Müssen den Eigentümern alle Einzelabrechnungen vorgelegt werden?
Die Vorbereitung von Beschlüssen zu einer Jahresabrechnung ist für die Verwalter nicht einfacher geworden. Das betrifft insbesondere die Frage, welche Informationen den Eigentümern zur Verfügung gestellt werden müssen. Aufregung hat insoweit eine Entscheidung des Amtsgerichts Sinzig im Jahre 2022 ausgelöst. Nach dem neuen WEG sei es erforderlich, den Eigentümern zur Vorbereitung eines Beschlusses auch die Einzelabrechnungen und Abrechnungsspitzen aller anderen Wohnungseigentümer bekanntzugeben. Ansonsten sei der Beschluss aus sich heraus nicht verständlich und damit unbestimmt. Dieser Rechtsauffassung hat ebenfalls im Jahre 2022 bereits das Landgericht Koblenz widersprochen. Gegenüber dem alten Recht – in der die Vorlage der übrigen Einzelabrechnungen nicht erforderlich war – habe sich nichts geändert. Die Übersendung der übrigen Einzelabrechnungen oder einer Saldenliste mit den Ergebnissen zur Vorbereitung einer Eigentümerversammlung durch den Verwalter sei nicht erforderlich.
Dieser Rechtsmeinung hat sich jetzt auch das Landgericht Frankfurt a.M. mit Urteil vom 27.06.2024 angeschlossen. Zwar wäre die Vorlage und Bezugnahme auf eine Liste, aus der sich die jeweiligen Beträge ergeben zur Minimierung des Verwaltungsaufwandes praktikabel; ansonsten müssten nämlich die Einzelabrechnungen sämtlichst in die Beschlusssammlung aufgenommen werden.
Gleichwohl sei ein solcher Beschluss aber nicht unbestimmt. Erst recht liege kein ergebnisrelevanter Fehler vor, weil durch die fehlende Vorlage der Einzelabrechnungen sich an dem Ergebnis der Abrechnung nichts ändert. Das Gericht weist aber darauf hin, dass interessierte Eigentümer sämtliche Einzelabrechnungen im Wege der Verwaltungsunterlageneinsicht gem. § 18 Abs. 4 WEG einsehen können.
Fazit
Diese für Verwalter erfreuliche Rechtsansicht scheint sich bei den Gerichten durchzusetzen. Eine Entscheidung des BGH zu dem Problem steht allerdings noch aus.
Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht
Anspruch auf Einbau eines Fahrstuhls?
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 01.08.2024; 2-13 S 581/23
Einen Anspruch im Beschlussersetzungsverfahren einen Beschluss bezüglich konkreter Baumaßnahmen zum Einbau eines Fahrstuhls als Maßnahme der Barrierereduzierung zu fassen, hat ein Eigentümer nur dann, wenn die öffentlich-rechtliche Genehmigungsfähigkeit der geplanten Baumaßnahme geklärt ist. Fehlt es hieran, kann das Gericht aber einen Grundlagenbeschluss fassen und Schritte zur Einholung der Genehmigung und Bildung einer Rücklage vorgeben.
Kann auf Alternativangebote verzichtet werden?
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 01.08.2024; 2-13 S 23/24
- Die Eigentümer können nicht durch Beschluss „wegen der besonderen Situation am Handwerkermarkt“ auf das Erfordernis von Vergleichsangeboten verzichten, wenn diese erforderlich sind, um die Ermessensentscheidung der Wohnungseigentümer auf eine ausreichend gesicherte Tatsachengrundlage zu stellen.
- Zum – hier verneinten – Erfordernis von Alternativangeboten, wenn das Auftragsvolumen unter 5 % der Wirtschaftsplansumme liegt.
Muss Gemeinschaft behauptete Mängel am Gemeinschaftseigentum untersuchen lassen?
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 22.03.2024; 980b C 22/23 WEG
- Im Rahmen ihres (weiten) Ermessens haben die Wohnungseigentümer darüber zu beschließen, ob sie punktuelle Schadensereignisse – bezogen auf das gemeinschaftliche Eigentum – durch eine Bestandsaufnahme untersuchen lassen mit dem Ziel, etwaige Schäden und deren Ursache zu beseitigen.
- Im Rahmen bloßer Gefahrenerforschung kann sich dieses Ermessen auf null reduzieren – mit der Folge, dass der einzelne Wohnungseigentümer eine entsprechende Beschlussfassung beanspruchen kann -, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass vom gemeinschaftlichen Eigentum schadensstiftende Einwirkungen auf ein Sondereigentum ausgehen, die unterbunden werden müssen.