Wohnungseigentumsrecht

Absolute Zeitgrenze des Ansichziehens von Gewährleistungsansprüchen

Die Haftung eines Bauträgers für Mängel endet bei unterbliebener Abnahme des Gemeinschaftseigentums spätestens 15 Jahre nach der Fälligkeit der Bauleistung.

OLG Stuttgart, Urteil vom 25.02.2024; 10 U 13/23

Ein Bauträger veräußert Ende der 1990er Jahre noch herzustellende Wohnungseigentumseinheiten und erbringt anschließend eine mangelhafte Bauleistung. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erfolgt aufgrund einer entsprechenden Vertragsklausel durch Vertretung der einzelnen Erwerber durch einen gemeinschaftlich zu bestellenden Vertreter. Die Übergaben der Wohnungseigentumseinheiten erfolgen 2001; in 2017 zieht die Wohnungseigentümergemeinschaft die Mängelansprüche von den Erwerbern an sich und führt ein gerichtliches Beweisverfahren durch, dem eine Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung in Höhe von 292.000,00 € nachfolgt. Der Bauträger meint, dass etwaige Ansprüche der Erwerber jedenfalls verjährt seien. Das Landgericht verurteilt den Bauträger vollen Umfangs, der Berufung einlegt.

Mit Erfolg! Das OLG Stuttgart ändert das erstinstanzliche Urteil ab und weist die Klage ab. Der Senat bestätigt zunächst, dass die Delegierung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums auf einen gemeinschaftlichen Vertreter nicht wirksam in den Bauträgerverträgen vorgegeben werden konnte. Die Bauträgerverträge stellen „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ dar; die Beschränkung der Abnahmeberechtigung benachteilige die Erwerber als Verbraucher unangemessen.
Ohne die Abnahme der Bauleistung zur Herstellung des Gemeinschaftseigentums bleibe der Bauträgervertrag grundsätzlich noch in der Erfüllungsphase, so dass Gewährleistungsansprüche noch nicht entstanden sein können. Das OLG Stuttgart verwehrt es dem Bauträger jedoch, sich hierauf zu berufen, da der Bauträger als Verwender der unwirksamen Klausel sich nicht auf die Fehlerhaftigkeit seiner eigenen AGB berufen dürfe.
Das OLG Stuttgart räumt ferner ein, dass mangels wirksamer Abnahme grundsätzlich auch kein Beginn der Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche der Erwerber festgestellt werden könne, hält jedoch im Ergebnis eine zeitlich unbegrenzt denkbare Inanspruchnahme des Bauträgers durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Beschluss der Vergemeinschaftung der Gewährleistungsansprüche nicht für hinnehmbar. Der Senat führt aus, es widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben, ein faktisch unverjährbares Recht zu schaffen und zieht eine Höchstgrenze von 15 Jahren ab dem Zeitpunkt der Endfälligkeit der Bauleistung. Dieser Zeitraum bilde sich aus der Berücksichtigung der zivilrechtlichen Höchstfrist für schuldrechtliche Ansprüche, die 10 Jahre umfasst zuzüglich der Verjährungsfrist für bauwerkbezogene Gewährleistungsansprüche. Vorliegend war die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erst nach dem Ablauf dieses Zeitraumes erfolgt und damit aus Sicht des OLG Stuttgart dem Verjährungseinwand des Bauträgers zu Recht ausgesetzt.

Ob die von dem OLG Stuttgart angenommene Bildung einer Höchstgrenze aus der Addition von zwei jeweils nicht einschlägigen Verjährungsfristen zutreffend ist, erscheint zweifelhaft. Der für das Baurecht zuständige VII. Zivilsenat hat für die Geltendmachung von Erfüllungsansprüchen durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit Urteil vom 09.11.2023; VII ZR 241/22, entschieden, dass eine Höchstgrenze für die Geltendmachung der Ansprüche durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gelte. Für die hier streitgegenständlichen Gewährleistungsansprüche dürfte es nicht anders zu bewerten sein. Der Bauträger erscheint zudem nicht schutzbedürftig, da dieser bei hinreichend mangelfreier Bauleistung einen Anspruch ab Abnahme geltend machen kann; bei nicht hinreichender Bauleistung mag der Bauträger nachbessern und den Vertrag ordnungsgemäß erfüllen. Unterlässt er dies, verdient er als Verwender unwirksamer Vertragsklauseln und Erbringer schlechter Bauleistungen keinen Schutz vor den Ansprüchen seiner Vertragspartner. Dies nimmt das OLG Stuttgart nicht hinreichend in den Blick. Auch wenn die Aufdeckung von Mängeln und die Meinungsbildung in Wohnungseigentümergemeinschaft einen erheblichen Zeitraum beanspruchen kann, sollte gleichwohl so zügig wie möglich eine Geltendmachung der Ansprüche auf mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums erfolgen. Nicht zuletzt, um neben etwaigen Beweisnöten aufgrund der Alterung des betroffenen Gebäudes der Gefahr rechtlicher Einwände wegen eines Unbehagens gegen betagte Ansprüche zu begegnen.

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