Neues Urteil des BGH zur Halbteilung im Maklerrecht
Der Käufer eines Einfamilienhauses oder Wohnung hat gegenüber dem Makler einen Anspruch auf Vorlage des Verkäufer-Maklervertrages bei Rechnungsstellung der Provision
- § 656c Abs. 1 S. 1 BGB gestattet die sukzessive Doppelbeauftragung des Maklers in der Weise, dass zunächst mit einer Partei des Hauptvertrags eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision vereinbart wird und anschließend mit der anderen Partei eine Provision in Höhe der restlichen Hälfte.
- Im Anwendungsbereich des § 656c BGB ist der Makler gegenüber dem Kunden nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, über alle Umstände Auskunft zu erteilen, die für die Entstehung und das Fortbestehen des Provisionsanspruchs von Bedeutung sind.
- Dem Maklerkunden kann im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers diesem gegenüber gemäß § 810 Fall 2 BGB ein Anspruch auf Vorlage des mit dem anderen Maklerkunden abgeschlossenen Maklervertrags zustehen.
- Besteht zwischen dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch und dem im Wege der Einrede erhobenen Gegenanspruch ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass der Gegenanspruch der Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs dient, führt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB ausnahmsweise nicht zu einer Verurteilung des Beklagten zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) gemäß § 274 BGB, sondern zur Abweisung der Zahlungsklage. So verhält es sich, wenn im Falle einer von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers der vom Makler auf Zahlung von Maklerprovision in Anspruch genommene Maklerkunde der Klage einen ihm gemäß § 810 Fall 2 BGB zustehenden Anspruch auf Vorlage des mit der anderen Partei des Kaufvertrags abgeschlossenen Maklervertrags entgegenhält.
BGH, Urteil vom 21.03.2024; I ZR 185/22
Sachverhalt
Der Käufer einer Doppelhaushälfte verlangt vom Makler, der die Käuferprovision klageweise geltend macht, den Nachweis, dass die Vorschriften der §§ 656a, 656b, 656c und 656d BGB erfüllt seien. Er verlangt hierzu die Vorlage des Maklervertrages mit dem Verkäufer sowie die Verkäufer-Provisionsrechnung und den Nachweis des Geldeingangs der Verkäuferprovision. Der Makler teilt dem beklagten Käufer das Datum des Maklervertrages mit dem Verkäufer, die Höhe der Provision und den Geldeingang mit, ohne dem Käufer die entsprechenden Unterlagen vorzulegen. Landgericht und Oberlandesgericht geben der Zahlungsklage des Maklers statt.
Entscheidung
Der BGH weist die Klage des Maklers ab. Der BGH bejaht zum einen einen Auskunftsanspruch des Käufers gegenüber dem Makler über das Bestehen eines Maklervertrages mit dem Verkäufer und über die mit dem Verkäufer vereinbarte Provision. Zwar ergebe der Auskunftsanspruch sich nicht, wie der BGH ausführt, aus einer analogen Anwendung von § 656d Abs. 1 S. 2 BGB; jedoch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) sei der Makler zur Erteilung der Auskunft verpflichtet. Ohne die Möglichkeit des Käufers, ein Auskunftsbegehren durchzusetzen, wäre die Verwirklichung des verbraucherschützenden Normzwecks von § 656c BGB nicht gewährleistet. Auch könne der Makler eine solche Auskunft nach Auffassung des BGH unschwer erteilen. Eine unbillige Belastung sei damit nicht verbunden.
Darüber hinaus bejaht der BGH entgegen dem Berufungsgericht (OLG München) auch einen Anspruch auf Vorlage des vom Makler und der Verkäuferseite geschlossenen Maklervertrages. Dieser Anspruch ergebe sich aus § 810 Fall 2 BGB. Nach dieser Vorschrift kann jedermann die Gestattung der Einsicht in eine Urkunde von deren Besitzer verlangen, wenn in der Urkunde ein zwischen dem Anspruchsteller und einem anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet ist und der Anspruchsteller ein rechtliches Interesse an der Einsichtsgewährung hat. Im Sinne der gebotenen weiten Auslegung des § 810 BGB genüge es nach Auffassung des BGH, dass die Urkunde eine objektive und unmittelbare Beziehung zu dem Rechtsverhältnis aufweist, an welchem derjenige, der die Vorlegung verlangt, beteiligt ist. Der von dem Makler und dem Verkäufer geschlossene Maklervertrag weise die nach § 810 BGB erforderliche objektive und unmittelbare Beziehung zu dem zwischen dem Makler und dem Käufer geschlossenen Maklervertrag aufgrund der gesetzlichen Vorgabe des § 656c BGB auf. Dem Maklerkunden stehe daher gegenüber dem Provisionszahlungsanspruch des Maklers ein Gegenanspruch auf Vorlage von Urkunden zu, der ein Zurückbehaltungsrecht begründet und im Streitfall zur Abweisung der Klage als „derzeitig unbegründet“ führen kann. Zwar habe die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung Zug um Zug verurteilt werden kann. Ermöglicht aber erst die Vorlage der Urkunde eine Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs, kann die Nichtvorlage der Urkunde zur Klagabweisung führen.
Fazit
Das ausführlich begründete Urteil des BGH zeigt erneut Schwachstellen des „Gesetzes über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser“ auf. Nicht auszuschließen ist deshalb, dass auch weitere streitige Fragen, wie die Frage des objektiven Anwendungsbereichs für den Begriff des Einfamilienhauses erst der Klärung durch den BGH bedürfen.