Provisionshöhe bei Ausübung des einem Mieter zustehenden Vorkaufsrechts
Ist bei dem Verkauf einer Eigentumswohnung der Käufer Unternehmer und wird im Kaufvertrag die Provisionszahlungsverpflichtung im Rahmen eines Vertrages zu Gunsten Dritter einseitig dem Käufer auferlegt, wird für den Mieter, der als Verbraucher das ihm gemäß § 577 BGB zustehende Vorkaufsrecht ausübt, der persönliche Anwendungsbereich des § 656d Abs. 1 S. 1 BGB eröffnet. Auf die fehlende Verbrauchereigenschaft des Erstkäufers kommt es dabei nicht an. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts wird nach § 464 Abs. 2 BGB ein selbständiger Kaufvertrag mit dem Vorkaufsberechtigten neu begründet. Im Wege der Umdeutung gemäß § 140 BGB ist die zu weit gehende Provisionsvereinbarung in eine Vorvereinbarung in der maximal zulässigen Höhe gemäß § 656d Abs. 1 S. 1 BGB umzudeuten und abzuändern.
OLG München, Urteil vom 08.02.2023; 15 U 4661/22
Sachverhalt
Ein Wohnungsunternehmen erteilt dem Makler den Verkaufsauftrag für den Verkauf diverser Wohnungen in einem Wohnkomplex. Vereinbart wird, dass der Verkäufer provisionsfrei bleibt. Der klagende Makler vermittelt die 26 Eigentumswohnungen an ein Immobilienunternehmen. Im notariellen Kaufvertrag verpflichtet sich der Käufer im Rahmen eines echten Vertrages zu Gunsten Dritter, an den Makler eine Provision in Höhe von 3,57 % inkl. MwSt. aus dem Kaufvertrag zu zahlen. Die Mieterin einer Eigentumswohnung übt das ihr gemäß § 577 BGB zustehende Vorkaufsrecht aus. Sie lehnt die Zahlung des geltend gemachten Provisionsanspruchs in Höhe von 17.387,34 € ab. Das Landgericht München I verurteilt die Beklagte, die geltend gemachte Provision zu zahlen.
Entscheidung
Im Berufungsverfahren vor dem OLG München wird die beklagte Mieterin verurteilt, 8.693,67 € nebst Zinsen an den klagenden Makler zu zahlen. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.
Das OLG führt aus, dass nach den Tatsachenfeststellungen der Erstkäufer wirksam mit dem Makler eine Provision in Höhe von 3,57 % brutto vereinbart habe und der klagende Makler die nachweispflichtige Tätigkeit für den Erstkäufer erbracht habe. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts, das der beklagten Mieterin nach § 577 Abs. 1 BGB zustand, sei zwischen ihr und dem Verkäufer gemäß § 464 Abs. 2 BGB ein selbständiger Kaufvertrag zu denselben Bedingungen neu begründet worden, wie er zwischen Verkäufer und Erstkäufer abgeschlossen war. Die im Erstkaufvertrag getroffene Vereinbarung eines echten Vertrages zu Gunsten Dritter begründe einen als selbständiges Forderungsrecht ausgestalteten eigenen Anspruch des Klägers gegen den Erstkäufer. Diese Maklerklausel sei Voraussetzung dafür, dass der Anspruch des klagenden Maklers den Vorkaufsfall überdauert und sich auch gegen den Vorkaufsberechtigten richtet. Habe – wie vorliegend – nur eine Partei des Kaufvertrages den Maklervertrag geschlossen, gelte gemäß § 656d BGB immer dann, wenn der Vertragspartner Verbraucher sei, dass die Vereinbarung nur wirksam ist, wenn die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, zur Zahlung des Maklerlohns zumindest in gleicher Höhe verpflichtet bleibt. Eine zulässige Überwälzung der Maklerkosten wird damit auf die Hälfte der Maklerkosten begrenzt.
Der vorkaufsberechtigte Kaufinteressent befinde sich nach Auffassung des Gerichts bei entsprechenden Marktgegebenheiten in einer vergleichbaren Zwangslage wie der Käufer einer Eigentumswohnung, der sich aufgrund des angespannten Immobilienmarktes faktisch gezwungen sieht die Maklerkosten zu übernehmen, auch wenn der Makler auf Initiative eines anderen primär in dessen Interesse tätig geworden ist. Die Abwälzung der gesamten Maklerkosten auf den Käufer entgegen § 656d Abs. 1 BGB habe zur Folge, dass die entsprechende Vereinbarung im vorliegenden Kaufvertrag gemäß § 134 BGB nichtig sei. Aufgrund der Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung, in der es allein um die Provisionszahlungspflicht der beklagten, vorkaufsberechtigten Mieterin im Rahmen des § 464 Abs. 2 BGB ging, lassen sich nach Auffassung des OLG die Voraussetzungen für eine Umdeutung der Provisionsregelung im Kaufvertrags gemäß § 140 BGB als erfüllt ansehen. Die Umdeutung der zu weit gehenden Vereinbarung in eine Vereinbarung mit der maximal zulässigen Höhe, d.h. der Hälfte des Maklerlohnes, entspreche nach Auffassung des Gerichts dem mutmaßlichen Willen der Parteien des Erstkaufvertrages, so dass die vorkaufsberechtigte Mieterin nur mit der Hälfte der auf ihre Wohnung entfallenden Maklerkosten belastet werden dürfe. Nach Auffassung des OLG finden die Vorschriften der §§ 656d Abs. 1 S. 2 und 656c Abs. 1 S. 2 BGB auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da die Abwälzung der Maklerkosten im notariellen Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Erstkäuferin wirksam vereinbart werden konnte.
Fazit
Die gesetzliche Regelung des Verbraucherschutzes im Maklerrecht beim Verkauf von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen führt zu einer Fülle offener Fragen, die letztlich erst durch die Rechtsprechung aufzulösen sind. Um den schutzbedürftigen Käufer von Maklerkosten – teilweise – zu entlasten, bleibt in Fällen, die vom Wortlaut des Gesetzes nicht erfasst werden, nur die Möglichkeit, die Maklervereinbarung umzudeuten, um den Zweck des Gesetzes, den Käuferschutz zu sichern, gerecht zu werden.