Verwalter-Telegramm

Auftragsvergabe in der WEG: Drei Angebote müssen sein – oder?

LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 08.06.2023; 5 S 7/23

Für Verwalter ein leidiges Thema: Muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über eine Instandhaltung, Instandsetzung o.Ä. entscheiden, so sind den Eigentümern in der Versammlung mindestens drei Angebote von konkurrierenden Firmen vorzulegen. Um ihr Ermessen bei der Beschließung der Beauftragung sachgerecht ausüben und die Wirtschaftlichkeit sowie die inhaltliche Substanz einschätzen zu können, sind die Wohnungseigentümer auf eine gewisse Anzahl von Vergleichsangeboten angewiesen – regelmäßig mindestens drei.

Dabei ist es Aufgabe des Verwalters, sich in einem zumutbaren Umfang um Angebote von Handwerksunternehmen zu bemühen mit dem Ziel, schlussendlich (zumindest) drei Vergleichsangebote vorlegen zu können.

Nur wenn die Auftragssumme einen Betrag von 3.000,00 € nicht überschreitet, kann auch eine geringere Anzahl von Angeboten ausreichen.

Für den Verwalter reicht es dabei nicht aus, sich auf die Anfrage bei drei Unternehmen zu beschränken, sondern die Anzahl an Anfragen muss deutlich höher sein. Er hat also Bemühungen zu unternehmen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass den Wohnungseigentümern tatsächlich drei Angebote vorgelegt werden können.

In der derzeit noch guten Situation der Baubranche ist es für Verwalter aber häufig schwierig, den Eigentümern drei Angebote vorlegen zu können. Was dann?

Damit hat sich jetzt das LG Dessau-Roßlau beschäftigt. Für Abdichtungs- und Dämmarbeiten an einer Wohnungseigentumsanlage mit einem Auftragsvorlumen von ca. 7.000,00 € war den Eigentümern nur ein Angebot vorgelegt worden, dass sie dann auch beschlossen. Ein Miteigentümer focht diesen Beschluss an und unterlag sowohl beim Amtsgericht Magdeburg als auch beim Landgericht Dessau-Roßlau.

Die Verwaltung hatte argumentiert, dass es ihr – trotz erheblicher Bemühungen – nicht gelungen sei, weitere Angebote einzuholen. Schriftlich nachweisen konnte sie dabei allerdings nur die Absagen von zwei anderen angefragten Unternehmen. Insoweit vernahm das Gericht eine Mitarbeiterin der Verwaltung zu deren Bemühungen, im Vorfeld der Versammlung Angebote einzuholen.

Die zuständige Mitarbeiterin sagte für das Gericht glaubhaft aus, dass sie verschiedene Firmen telefonisch angefragt habe, ohne dass sie sich jeweils an die Namen dieser Firmen erinnern konnte. Das Prozedere sei in der Verwaltungsfirma so, dass die Firmen zunächst telefonisch angefragt würden. Sollten diese schon am Telefon signalisieren, dass kein grundsätzliches Interesse bestehe, dann gebe es auch keine schriftliche Nachfrage.

Die Einholung solcher Angebote starte in der Regel zwei bis drei Monate vor der Eigentümerversammlung.

Das Landgericht Dessau-Roßlau glaubte der Mitarbeiterin und fand es nachvollziehbar, dass sie sich an einzelne Namen von telefonisch angefragten Firmen nicht mehr erinnern konnte. Es überzeugte sich auf diese Art davon, dass den Eigentümern tatsächlich nur das dann beschlossene Angebot vorgelegt werden konnte. Vor diesem Hintergrund kam es zu der Auffassung, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche und damit wirksam sei.

Praxishinweis

Die WEG-Gerichte nehmen zunehmend zur Kenntnis, dass – jedenfalls derzeit – die Vorlage von drei Angeboten sehr schwierig sein kann. Es bleibt aber immer im Ermessen des zuständigen Gerichtes, wann es eine geringere Zahl für ausreichend hält. Insoweit weist das Urteil des LG Dessau-Roßlau einen Weg: Verwalter sollten ihre Anfragen – auch wenn sie nur zunächst telefonisch erfolgen – schriftlich dokumentieren, damit sie später einen entsprechenden Nachweis haben. Noch besser – aber nicht in jedem Fall machbar – ist es natürlich, wenn man alle ins Auge gefassten Firmen schriftlich kontaktiert, um auf diese Weise ggf. auch die Absagen nachweisen zu können.

Aktuelle Entscheidungen im Wohnungseigentumsrecht

Wo und wie hat die Einsicht in Eigentümerlisten zu erfolgen?
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 20.01.2023; 980b C 26/22 WEG

  1. Die Gemeinschaft ist, zu vollziehen durch ihre Verwaltung, verpflichtet, eine sog. Eigentümerliste aufzustellen und (aktualisiert) zu führen.
  2. Ein Eigentümer kann nicht verlangen, dass ihm die Liste – schriftlich oder elektronisch – vorgelegt oder übersendet wird. Die Einsichtnahme hat vielmehr am Sitz der Verwaltung zu erfolgen.
  3. Die Dokumente müssen im Original vorgelegt werden.

Verwalter darf keine Planungsaufträge bis 10.000,00 € vergeben
LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 08.12.2022; 5 S 91/22

  1. Die Formulierung im angegriffenen Beschluss „Auswahl und Beauftragung durch den Verwalter erfolgt in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat“ ist zu unbestimmt, weil nicht klar ist, wie diese „Abstimmung“ zu erfolgen hat.
  2. Nach § 27 Abs. 2 WEG können die Wohnungseigentümer die Rechte des Verwalters auch erweitern, allerdings allein für die in § 27 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WEG genannten Maßnahmen.
  3. Die Beauftragung eines Planungsbüros für maximal 10.000,00 € ist keine Maßnahme von untergeordneter Bedeutung.

Schuppen und Fahrradstand sind bauliche Veränderungen
LG Dortmund, Urteil vom 28.03.2023; 1 S 52/21

  1. Die Errichtung eines Schuppens auf einem zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenteil stellt eine bauliche Veränderung von Gemeinschaftseigentum dar, weil es hierdurch dauerhaft umgestaltet wird.
  2. Das Sondernutzungsrecht umfasst die gärtnerische Nutzung, nicht aber bauliche Veränderungen.
  3. Ein Schweigen begründet keine Zustimmung.
  4. Die Errichtung eines Fahrradstands ist ebenfalls eine bauliche Veränderung.

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